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Kunibertstift
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Der Kölner Bischof Kunibert (7. Jahrhundert) soll laut nicht vor dem Ende des 9. Jahrhunderts verfasster Legende auf dem Coemeterium am linken Rheinufer nördlich vor der Stadt Köln ein dem heiligen Clemens geweihtes „oratorium“ errichtet haben und dort auch selbst beigesetzt worden sein.
Patrozinium: Kunibert, Clemens, die heiligen zwei Ewalde.
Orden: Kollegiatstift (Männerkloster).
Geschichte (Gründung und Entwicklung bis um 1200):
Der Kölner Bischof Kunibert (*um 600, Bischof 623?-663?) soll laut nicht vor dem Ende des 9. Jahrhunderts verfasster Legende auf dem Coemeterium am linken Rheinufer nördlich vor der Stadt Köln ein dem heiligen Clemens geweihtes „oratorium“ errichtet haben und dort auch selbst beigesetzt worden sein. Trotz vielseitiger Bedenken wegen der unzuverlässig scheinenden Quelle ist heute an der Grundaussage kaum noch zu zweifeln, nachdem die Persönlichkeit Kuniberts gründlich beleuchtet worden ist.
Kunibert stammte aus dem grundbesitzenden Adel des oberen Moselraumes, erhielt seine Ausbildung am merowingischen Königshof und war Archidiakon der Trierer Kirche, bevor er 623 (?) zum Bischof von Köln bestellt wurde.
Der auffallend reiche Fernbesitz des Kunibertstiftes an der oberen Mosel, der im 11. Jahrhundert gegen Güter in der Nordeifel eingetauscht wurde, dürfte zur Ausstattung durch den Stifter gehört haben. Ebenso bestätigte Kaiser Heinrich IV. 1084 einen Tausch zwischen dem Kunibertstift und dem Stift St. Arnulf in Metz. Eifrig um die Integration des Kölner Raumes in die Merowingerherrschaft bemüht, beteiligte sich Kunibert an der Redaktion der „Lex Ribuaria“. dass er den Märtyrer Clemens zum Patron des „oratoriums“ bestimmte und die heiligen Columba und Lupus (für die „matricula“ der sog. zwölf Schreibrüder) nach Köln holte, spricht ebenfalls dafür. Beda erwähnte vor 735 die 693/95 als Gefährten Willibrords in der Sachsenmission ermordeten Brüder, den „schwarzen“ und den „weißen“ Ewald, deren Leiber vom fränkischen Hausmeier Pippin dem Mittleren gegen Ende des 7. Jahrhunderts nach Köln überführt wurden, und zwar in die Kunibertskirche, wo sie im Testament des Erzbischofs Brun um 965 zum Patrozinium der Stiftskirche gezählt werden, was auf das Gründungsmotiv Kuniberts hinweist.
Im 7. Jahrhundert scheint das Kunibertstift als rückwärtige Stütze für die Sachsenmission konzipiert gewesen zu sein. Nicht zufällig zählte Dinker bei Soest zum ältesten Besitz von St. Kunibert und schenkte König Dagobert I. der Kölner Kirche zur Zeit Kuniberts den Ort Soest. Trotz Fälschungsverdacht der Urkunde des 12. Jahrhunderts für St. Kunibert kann der Nachricht ein wahrer Kern zugrunde liegen, da Soest später als Stätte des Kunibertkultes erscheint. Mit der Mission in Verbindung gebracht wird auch ein Taufbrunnen (kein Becken!) in der Stiftskirche, dem symbolisch der Wasserheilige Clemens entsprach. In der möglichen Kette einer fortdauernden Mission nach Norden können die merkwürdig engen Beziehungen Kölns mit Dänemark im 12. Jahrhundert nur gestreift werden; unter anderem flüchteten zwei dänische Bischöfe nach Köln, weil sie am unerwünschten Papst festhielten, und beide nahmen im Kunibertsviertel Wohnung, einer von ihnen sogar verbunden mit einem Hauskauf und letzter Ruhestätte in St. Kunibert.
Im Diplom König Lothars II. von 866, in welchem das Stift unter den vom Kölner Erzbischof abhängigen Kanonikerstiften aufgeführt ist, findet sich Kunibert erstmals als Patron des Stiftes genannt; aber 1074 in der Urkunde Erzbischofs Annos II. (~1010-1075) ist ihm noch nicht der Rang eines Hauptpatrons eingeräumt. Zu dieser Zeit jedoch wurden Partikel der beiden Ewalde dem Bischof von Münster überlassen.
Bischof Kunibert dürfte sein Stift nicht als ein Kollegiatstift eingerichtet haben. Vermutlich handelte es sich noch um eine Gemeinschaft irofränkischer Orientierung, bis im Laufe des 9. Jahrhunderts eine Ausrichtung nach der Aachener Kanonikerregel erfolgte. Im 11. und 12. Jahrhundert waren es nahezu ausschließlich die Erzbischöfe, die weiteren Besitz dem Stift zuwiesen oder bestätigten. Der Konvent litt seither bis ins 13. Jahrhundert angesichts der Autoritätssteigerung des Stiftsdekans unter den Spannungen zwischen dem Propst und seinem Stellvertreter, dem Dekan. 1106 scheint eine Mensateilung vorgenommen worden zu sein, da die Einweisung des vom Kapitel gewählten Kanonikers in sein Kanonikat dem Dekan oblag. 1204 löste sich die „vita communis“ auf.
Das Stift zählte 30 Kanonikate, die 1450 auf 24 reduziert wurden. Das Kapitel war gemischtständisch; der Propst jedoch war durchgehend ein Adliger. An Persönlichkeiten des Stiftes sind erwähnenswert Brun (†1101), Priesterkanoniker an St. Kunibert, bevor er studienhalber nach Frankreich wechselte und dort den Kartäuserorden gründete; ferner der Trierer Erzbischof Dietrich (1212-1242) aus dem Grafenhaus von Wied, der als Propst von St. Kunibert (1196-1211) die baufällig gewordene Stiftskirche von Grund auf erneuerte, die 1247 von Erzbischof Konrad von Hochstaden eingeweiht werden konnte.
Die Pröpste von St. Kunibert nahmen bis zum 13. Jahrhundert die archidiakonalen Rechte im Dekanat Deutz in Anspruch. Über folgende Kirchen bzw. Kapellen übte das Stift Patronatsrechte aus: im nördlich Kölns gelegenen Niederich die mit einem Hospital verbundene Lupuskapelle, in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts als eigene Pfarrei genannt; die Machabäerkapelle (existierte schon im 11. Jahrhundert, erhielt jedoch erst 1164 durch Erzbischof Rainald von Dassel die Reliquien der Machabäer, seit ca. 1180 ein Benediktinerinnenkloster); in der Nachbarschaft von St. Kunibert die Servatiuskapelle (Abhängigkeit erst im 13. Jahrhundert bezeugt); in der Voreifel die 1081 erbaute Kirche in Heimerzheim; an der oberen Mosel die Kirchen von Mallingen, Kerlingen und Kedingen (an St. Arnulf in Metz gegen Tausch abgetreten); die Kirche in Osterspai (oberhalb von Braubach); in der Mainzer Diözese die Kirche zu Dromersheim (schon 877 an das Mainzer Stift St. Stephan verkauft); die Kirche zu Hönningen/Ahr (1084 von St. Arnulf in Metz eingetauscht); die Kirchen in Büderich (Meerbusch) und in Dinker bei Soest.
Als Vögte des Stiftes sind belegt: vor 1084 ein gewisser Gerhard, 1135 ein Graf Arnold von Deutz und 1154-1168 Graf Wilhelm von Jülich (Engels 2006).
Gegründet vor 663 (Stift), aufgehoben 1802 (Bönnen / Hirschmann 2006).
Seit 1998 trägt Sankt Kunibert den Ehrentitel einer Basilica minor („kleinere Basilika“). Diese an die vier „großen“ Basilicae maiores in Rom angelehnte Auszeichnung wird seit dem 18. Jahrhundert vom Papst der römisch-katholischen Kirche als besonderer Ehrentitel an bedeutende Kirchengebäude verliehen. In Deutschland gibt es 78 Basilicae minores (Stand 2023).
(LVR-Redaktion KuLaDig, 2011/2023)
Internet
gemeinden.erzbistum-koeln.de: Katholische Pfarrgemeinde St. Agnes, Basilika St. Kunibert (abgerufen 17.11.2023)
Orden: Kollegiatstift (Männerkloster).
Geschichte (Gründung und Entwicklung bis um 1200):
Der Kölner Bischof Kunibert (*um 600, Bischof 623?-663?) soll laut nicht vor dem Ende des 9. Jahrhunderts verfasster Legende auf dem Coemeterium am linken Rheinufer nördlich vor der Stadt Köln ein dem heiligen Clemens geweihtes „oratorium“ errichtet haben und dort auch selbst beigesetzt worden sein. Trotz vielseitiger Bedenken wegen der unzuverlässig scheinenden Quelle ist heute an der Grundaussage kaum noch zu zweifeln, nachdem die Persönlichkeit Kuniberts gründlich beleuchtet worden ist.
Kunibert stammte aus dem grundbesitzenden Adel des oberen Moselraumes, erhielt seine Ausbildung am merowingischen Königshof und war Archidiakon der Trierer Kirche, bevor er 623 (?) zum Bischof von Köln bestellt wurde.
Der auffallend reiche Fernbesitz des Kunibertstiftes an der oberen Mosel, der im 11. Jahrhundert gegen Güter in der Nordeifel eingetauscht wurde, dürfte zur Ausstattung durch den Stifter gehört haben. Ebenso bestätigte Kaiser Heinrich IV. 1084 einen Tausch zwischen dem Kunibertstift und dem Stift St. Arnulf in Metz. Eifrig um die Integration des Kölner Raumes in die Merowingerherrschaft bemüht, beteiligte sich Kunibert an der Redaktion der „Lex Ribuaria“. dass er den Märtyrer Clemens zum Patron des „oratoriums“ bestimmte und die heiligen Columba und Lupus (für die „matricula“ der sog. zwölf Schreibrüder) nach Köln holte, spricht ebenfalls dafür. Beda erwähnte vor 735 die 693/95 als Gefährten Willibrords in der Sachsenmission ermordeten Brüder, den „schwarzen“ und den „weißen“ Ewald, deren Leiber vom fränkischen Hausmeier Pippin dem Mittleren gegen Ende des 7. Jahrhunderts nach Köln überführt wurden, und zwar in die Kunibertskirche, wo sie im Testament des Erzbischofs Brun um 965 zum Patrozinium der Stiftskirche gezählt werden, was auf das Gründungsmotiv Kuniberts hinweist.
Im 7. Jahrhundert scheint das Kunibertstift als rückwärtige Stütze für die Sachsenmission konzipiert gewesen zu sein. Nicht zufällig zählte Dinker bei Soest zum ältesten Besitz von St. Kunibert und schenkte König Dagobert I. der Kölner Kirche zur Zeit Kuniberts den Ort Soest. Trotz Fälschungsverdacht der Urkunde des 12. Jahrhunderts für St. Kunibert kann der Nachricht ein wahrer Kern zugrunde liegen, da Soest später als Stätte des Kunibertkultes erscheint. Mit der Mission in Verbindung gebracht wird auch ein Taufbrunnen (kein Becken!) in der Stiftskirche, dem symbolisch der Wasserheilige Clemens entsprach. In der möglichen Kette einer fortdauernden Mission nach Norden können die merkwürdig engen Beziehungen Kölns mit Dänemark im 12. Jahrhundert nur gestreift werden; unter anderem flüchteten zwei dänische Bischöfe nach Köln, weil sie am unerwünschten Papst festhielten, und beide nahmen im Kunibertsviertel Wohnung, einer von ihnen sogar verbunden mit einem Hauskauf und letzter Ruhestätte in St. Kunibert.
Im Diplom König Lothars II. von 866, in welchem das Stift unter den vom Kölner Erzbischof abhängigen Kanonikerstiften aufgeführt ist, findet sich Kunibert erstmals als Patron des Stiftes genannt; aber 1074 in der Urkunde Erzbischofs Annos II. (~1010-1075) ist ihm noch nicht der Rang eines Hauptpatrons eingeräumt. Zu dieser Zeit jedoch wurden Partikel der beiden Ewalde dem Bischof von Münster überlassen.
Bischof Kunibert dürfte sein Stift nicht als ein Kollegiatstift eingerichtet haben. Vermutlich handelte es sich noch um eine Gemeinschaft irofränkischer Orientierung, bis im Laufe des 9. Jahrhunderts eine Ausrichtung nach der Aachener Kanonikerregel erfolgte. Im 11. und 12. Jahrhundert waren es nahezu ausschließlich die Erzbischöfe, die weiteren Besitz dem Stift zuwiesen oder bestätigten. Der Konvent litt seither bis ins 13. Jahrhundert angesichts der Autoritätssteigerung des Stiftsdekans unter den Spannungen zwischen dem Propst und seinem Stellvertreter, dem Dekan. 1106 scheint eine Mensateilung vorgenommen worden zu sein, da die Einweisung des vom Kapitel gewählten Kanonikers in sein Kanonikat dem Dekan oblag. 1204 löste sich die „vita communis“ auf.
Das Stift zählte 30 Kanonikate, die 1450 auf 24 reduziert wurden. Das Kapitel war gemischtständisch; der Propst jedoch war durchgehend ein Adliger. An Persönlichkeiten des Stiftes sind erwähnenswert Brun (†1101), Priesterkanoniker an St. Kunibert, bevor er studienhalber nach Frankreich wechselte und dort den Kartäuserorden gründete; ferner der Trierer Erzbischof Dietrich (1212-1242) aus dem Grafenhaus von Wied, der als Propst von St. Kunibert (1196-1211) die baufällig gewordene Stiftskirche von Grund auf erneuerte, die 1247 von Erzbischof Konrad von Hochstaden eingeweiht werden konnte.
Die Pröpste von St. Kunibert nahmen bis zum 13. Jahrhundert die archidiakonalen Rechte im Dekanat Deutz in Anspruch. Über folgende Kirchen bzw. Kapellen übte das Stift Patronatsrechte aus: im nördlich Kölns gelegenen Niederich die mit einem Hospital verbundene Lupuskapelle, in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts als eigene Pfarrei genannt; die Machabäerkapelle (existierte schon im 11. Jahrhundert, erhielt jedoch erst 1164 durch Erzbischof Rainald von Dassel die Reliquien der Machabäer, seit ca. 1180 ein Benediktinerinnenkloster); in der Nachbarschaft von St. Kunibert die Servatiuskapelle (Abhängigkeit erst im 13. Jahrhundert bezeugt); in der Voreifel die 1081 erbaute Kirche in Heimerzheim; an der oberen Mosel die Kirchen von Mallingen, Kerlingen und Kedingen (an St. Arnulf in Metz gegen Tausch abgetreten); die Kirche in Osterspai (oberhalb von Braubach); in der Mainzer Diözese die Kirche zu Dromersheim (schon 877 an das Mainzer Stift St. Stephan verkauft); die Kirche zu Hönningen/Ahr (1084 von St. Arnulf in Metz eingetauscht); die Kirchen in Büderich (Meerbusch) und in Dinker bei Soest.
Als Vögte des Stiftes sind belegt: vor 1084 ein gewisser Gerhard, 1135 ein Graf Arnold von Deutz und 1154-1168 Graf Wilhelm von Jülich (Engels 2006).
Gegründet vor 663 (Stift), aufgehoben 1802 (Bönnen / Hirschmann 2006).
Seit 1998 trägt Sankt Kunibert den Ehrentitel einer Basilica minor („kleinere Basilika“). Diese an die vier „großen“ Basilicae maiores in Rom angelehnte Auszeichnung wird seit dem 18. Jahrhundert vom Papst der römisch-katholischen Kirche als besonderer Ehrentitel an bedeutende Kirchengebäude verliehen. In Deutschland gibt es 78 Basilicae minores (Stand 2023).
(LVR-Redaktion KuLaDig, 2011/2023)
Internet
gemeinden.erzbistum-koeln.de: Katholische Pfarrgemeinde St. Agnes, Basilika St. Kunibert (abgerufen 17.11.2023)