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Rheinebene zwischen Rheindorf und Neuss - "Gestrandet, vom Rhein verlassen"


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Was ihr entdecken könnt

In der Rheinaue zwischen Köln und Düsseldorf, zwischen Wupper und Erft, hat der Rhein mit seinem Lauf die Siedlungsstruktur in besonderer Weise geprägt. An trocken gefallenen Flussschleifen und an Altarmen zeugen geschichtsträchtige Orte als vom Rhein verlassene Relikte von einer vergangenen Zeit.

In der Rheinaue zwischen Köln und Düsseldorf, zwischen Wupper und Erft, hat der Rhein mit seinem Lauf die Siedlungsstruktur in besonderer Weise geprägt. An trocken gefallenen Flussschleifen und an Altarmen zeugen geschichtsträchtige Orte als vom Rhein verlassene Relikte von einer vergangenen Zeit.

Charakteristische Kulturlandschaftselemente
Monheim
Haus Bürgel
Zons
Urdenbach
Neuss

Der mächtige Strom hat über Jahrhunderte die Besiedlung begünstigt, angezogen und über spezifische Nutzungen an seine Ränder gebunden. Andererseits hat er mit Hochwasser und Eisgang die Orte am Ufer in ihrer Existenz bedroht und durchaus auch vernichtet. In diesem Wechselbezug forderte der Rhein fortlaufend neue Entwicklungen und technische Lösungen - als Verkehrsweg, als Handelsroute, zum Fischfang und mit seiner Wasserkraft, mit der er zeitweise sogar schwimmende, verankerte Schiffsmühlen antrieb. Aber die Orte auf den beiden Seiten haben sich nicht nur inhaltlich mit Aufgaben, Funktionen und spezifischen Gewerken am Fluss orientiert, sondern auch in der Form und in der Ausprägung ihrer Merkmale. Umgekehrt lassen die städtebaulichen und architektonischen Eigenschaften die Ausrichtung zum Wasser in der heute erhaltenen Struktur der Landschaft und in der historischen Substanz der Orte immer noch anschaulich nachvollziehen und erzählen von diesem engen Bezug. Außerdem weist der betrachtete Ausschnitt eigene, aus Fluss und Aue begründete Kulturlandschaftselemente auf.

Zu diesen charakteristischen Elementen, die dann auch zu besonderen siedlungstypologischen oder architektonischen Ausprägungen führten, zählen:

  • die Verbindungs- und Handelsstraßen parallel zum Fluss, die in Worringen und in Hitdorf die langgestreckten Siedlungsformen erklären;
  • an den Trassen der Leinpfade bei Stürzelberg und Monheim, über die mit Pferdekraft Schiffe rheinaufwärts gezogen wurden, befinden sich die Wechselstationen in den historischen Ortskernen, etwa gleichweit voneinander entfernt;
  • in Zons ist die zum Rhein und gegen das Hochwasser gerichtete Stadtmauer mit dem Eisbrecher an der Südostecke besonders stark befestigt;
  • die Lage der Orte mit sicheren Umschlagplätzen, Häfen, Werften und Lagerhallen in Neuss und in Hitdorf hat Strömung, Prall- und Gleitufer von Siedlungsbeginn an im Blick;
  • mit Schauseiten und prägenden Ortssilhouetten sind Neuss, Hitdorf und Zons zum Wasser gerichtet;
  • in Zons ist der alte Zollturm zur Zolleinnahme strategisch optimal platziert und
  • als bauliche Zeugnisse von Freizeit und Vergnügen im 20. Jahrhundert liegen das Ruderhaus mit Anleger und das Ausflugslokal am Rand vom Benrather Schlosspark mit dem weiten Panoramablick über den Fluss.

20 historische Orte und Ortslagen begleiten den genannten Flussabschnitt von Süden nach Norden: Rheinkassel, Langel, Kasselberg, Rheindorf, Hitdorf, Worringen, Monheim, Baumberg, Zons, Haus Bürgel, Urdenbach, Schloss Benrath, Stürzelberg, Schloss Mickeln, Himmelgeist, Uedesheim, Volmerswerth, Grimmlinghausen, Hamm und Neuss.

Elf historische Fähren verbanden im späten 19. Jahrhundert die beiden Seiten: Kasselberg-Rheindorf, Langel-Hitdorf, Worringen-Monheim, Piwipp-Monheim, Rheinfeld-Baumberg, Zons-Urdenbach, Grind-Benrath, Stürzelberg-Mickeln, Uedesheim-Himmelgeist, Grimmlinghausen-Volmerswerth, Neuss-Hamm. Drei Fährschiffe sind heute noch in Betrieb - je eine Autofähre von Langel nach Hitdorf und von Zons nach Urdenbach (Haus Bürgel) und eine Personenfähre von Uedesheim nach Himmelgeist.

Drei Brücken führen als gebaute Verbindungen der beiden Rheinseiten über den Fluss: eine Autobahnbrücke, die Fleher Brücke (Inbetriebnahme Ende der 1970er Jahre im Zusammenhang mit dem Ausbau der A 46), die Südbrücke „Josef-Kardinal-Frings-Brücke“ als Straßenbrücke zwischen den Städten Neuss und Düsseldorf, fertig gestellt 1950/51, und die Hammer Eisenbahnbrücke von 1987 mit den erhaltenen Resten der des Vorgängerbaus von 1870.

Doch das Außergewöhnliche dieses Landschaftsausschnitts ist, dass mit den Verlagerungen des Rheinbetts einzelne Siedlungsentwicklungen zum Stillstand kamen und dadurch ihre gebauten Merkmale in besonderer Form erhalten blieben und sich gleichzeitig neue auf den Fluss bezogene Nutzungen baulich Ausdruck fanden. So sind einzelne Orte regelrecht gestrandet: Monheim, Haus Bürgel, Zons, Urdenbach und auch Neuss.
Monheim liegt von der Uferkante etwa 200 Meter zurück auf der ersten Terrassenstufe der zum Bergischen Land allmählich ansteigenden Ebene. Hier hat der Rhein zwischen dem Mittelalter und dem ausgehenden 18. Jahrhundert zweimal seinen Lauf verändert. Während er im Mittelalter etwa zwei Kilometer westlich von Monheim unmittelbar an Dormagen vorbeiführte und dann in einer Biegung weit nach Osten zwischen Zons und Baumberg Haus Bürgel umfloss, tangierte sein Lauf ab 1591 Monheim direkt. Schon bevor er sein Bett verlagerte, teilte sich der Strom vor Monheim und floss um eine Insel, das „Monheimer Werth“. Bis 1791 schloss er dann durch Anspülen von Geröll und Sand das Monheimer Werth an das Ufer, womit er beinahe ein Kilometer vom Ort wieder nach Westen abrückte und seine heutige Spur einnahm. An der Terrassenkante verläuft parallel zum Fluss die frühmittelalterliche Straße von Urdenbach, Bürgel und Baumberg über Monheim nach Hitdorf zum Hitdorfer Hafen. Auf die Straße stößt rechtwinklig eine Verbindung aus dem Landesinneren und führt heute als Fußweg Richtung Rhein. An der Kreuzung dieser beiden Straßen/Wege hat sich die erste Siedlung von Monheim entwickelt.

Monheims Siedlungsanfänge werden im 6. Jahrhundert n. Chr. vermutet. Der erste schriftliche urkundliche Nachweis datiert aus dem Jahr 1150. Seit 1257 ist Monheim als bergische Zollstätte bekannt, war 1257-1804 als strategisch wichtiger Stützpunkt gegen das Erzbistum Köln bergischer Amtssitz, und galt als Umschlagplatz in der Rheinebene für den Handel mit der Stadt Köln. 1307 war Monheim bereits Marktort und schon früh mit drei Jahrmärkten ausgestattet. Auch hatte Monheim eine wichtige Treidelstation. Hier wurden die Pferde gewechselt, die auf dem rechtsrheinischen Leinpfad die Schiffe rheinaufwärts zogen. Mit der Rheinverlagerung nach einer Flut um 1590 verlor der Ort die Bedeutung als Zollstätte und Handelsplatz; die bauliche Entwicklung stagnierte und wurde in der Folgezeit weitgehend vernachlässigt. Schon 1584 waren der Zoll in das Werthhaus an das Ufer des westlichen Rheinarms verlegt worden. Von Monheim fuhr eine Fähre zu Haus Piwipp.
Heute ist Monheim im historischen Kern um Kirche und Marktplatz als ein kleinteiliger Ort erhalten, der in der überlieferten Substanz und in der Lage über dem Rhein seine Geschichte anschaulich nachvollziehen lässt. Der Ortskern ist als ein bauliches Dokument insgesamt als Denkmalbereich geschützt.
Fünf Kilometer rheinabwärts, nördlich von Baumberg, etwa einen Kilometer im Landesinneren, liegt Haus Bürgel. Das aus einem römischen Kastell entwickelte Königsgut der Ottonen, war ab 1002 dem Kölner Erzbischof übertragen. Ein erster Kirchenbau wird im frühen 11. Jahrhundert erwähnt, der möglicherweise in einer neben dem Gutshof vermuteten kleinen Ortschaft stand. Der zwei Kilometer westlich gelegene Ort Zons gehörte zur Pfarre Bürgel. Als der Rhein nach einem verheerenden Rheinhochwasser im Januar/Februar 1374 sein Bett nach Westen verlagerte, lag das Gut rechtsrheinisch und war durch den breiten Fluss von Zons getrennt. Die vermutete kleine Ortschaft mit Kirche neben dem Gut hatte das Rheinhochwasser wohl völlig zerstört. Lediglich die mit wesentlich stärkeren Fundamenten und Mauern ausgerüsteten Gebäude des ehemaligen Kastells konnten dem Wasserdruck widerstehen.
Haus Bürgel ist heute als historisch bedeutsame Anlage, eingebunden in die umgebende landwirtschaftlich genutzte Ebene, als Vierkanthofanlage mit Herrenhaus von 1837/38 erhalten, teilweise museal genutzt und sowohl als Baudenkmal als auch als Bodendenkmal geschützt.
Zons liegt linksrheinisch, etwa 500 Meter vom Rheinufer ins Landesinnere gerückt. Geologisch ist der Ort eine Inselterrasse, ca. 38 Meter über dem Meeresspiegel. Zwei Kilometer westlich führt die Römerstraße von Köln über Dormagen nach Neuss, eine mittelalterliche Ost-Westverbindung querte bei Zons den Rhein.
Bereits im 7. Jahrhundert soll in Zons ein Gutshof des Kölner Erzbischofs bestanden haben. Im Bereich der Burg lag seit dem späten 8. Jahrhundert eine der Pfarrkirche von Bürgel nachgeordnete Kapelle. Die enge Bindung an das Kölner Erzbistum bestimmte bis ins 19. Jahrhundert die Geschicke, wobei die Vogteirechte in den Händen der Grafen von Jülich lagen. 1019/20 schenkte Erzbischof Heribert von Köln die Kapelle in Zons zusammen mit dem Castrum und der Kirche in Bürgel der Benediktinerabtei in Deutz. Mit der Schlacht bei Worringen 1288 und Vertreibung des Erzbischofs aus der Stadt Köln wurde die erste Befestigung durch Kölner Bürger geschleift.

Der Rhein hat mit seinem mäandrierenden, sich über Jahrhunderte stetig verändernden Flussbett in diesem Abschnitt mit zwei weiten Schleifen und mehrfachen Durchbrüchen die Rheinaue großflächig geformt und so die Entwicklung von Zons entscheidend bestimmt. Im 14. Jahrhundert ließ Friedrich von Saarwerden im Südosten des Ortes die Burg Friedestrom neu errichten, erhob 1373 die Siedlung zur Stadt und sicherte damit den im Jahr zuvor von Neuss hierher verlegten Rheinzoll der Erzstiftes. Mit Durchstichen von Mäanderschleifen wechselte der Fluss in kurzer Zeit sein Bett zweimal: Während er im 14. Jahrhundert Zons zunächst südlich tangierte, floss er nach dem Durchstich in Folge des Hochwassers von 1374 östlich an der Stadt vorbei, verlagerte jedoch zwischen 1550-1650 seinen Lauf wieder weiter nach Osten und berührte die Stadtmauer nicht mehr, so dass Zons spätestens seit dieser Zeit als Zollstätte an Bedeutung verlor, nicht weiter ausgebaut wurde und auf diese Weise als Stadtanlage in der mittelalterlichen Struktur und Ausdehnung, eingebettet in die Rheinebene, erhalten blieb. Zons ist mit Burg und Stadtbefestigung aus Mauer mit Stadttoren, umlaufend erhaltener Wall- und Grabenzone und dichter historischer Bausubstanz insgesamt ein geschichtlich bedeutsames Zeugnis. Neben zahlreichen denkmalwerten Einzelobjekten schützt eine Denkmalbereichssatzung den Ort als ein Ganzes.
Diagonal gegenüber, rechtsrheinisch, nördlich von Haus Bürgel, folgt leicht erhöht über dem Altrhein hinter der pappelbestandenen Kämpe das alte Fischerdorf Urdenbach, das auch nicht mehr den unmittelbaren Kontakt zum Fluss hat. Eine Bruchkante lässt heute noch den alten Rheinlauf deutlich erkennen. Die dörfliche Struktur bestimmt den Ortskern in seiner Gestalt. Einzelobjekte sind Denkmäler. Die in der kleinteiligen Struktur, in historischer Substanz, in Freiflächen und Blickbezügen erhaltene Aussage zur Geschichte des Dorfes begründet die seit vielen Jahren rechtskräftige Denkmalbereichssatzung.

Flussabwärts linksrheinisch, nördlich der Erftmündung und drei Kilometer vom Ufer entfernt liegt die Stadt Neuss. 16 v. Chr. entstand - vermutlich an der Stelle einer keltisch-germanischen Siedlung - eine erste Befestigung, aus der sich das römische Legionslager Novaesium entwickelte. Unter nachfolgender Herrschaft des Kölner Erzbistums wuchs Neuss zu einer mittelalterlichen Handelsstadt und wichtigen Zollstätte am Rhein. 1190 wird Neuss erstmals Stadt genannt. Doch durch das allmähliche Abwandern des Rheins und durch die Verlagerung des Flussbetts nach Osten verlor Neuss bereits ab 1195 nach und nach den direkten Kontakt zum Fluss. Vor der Stadt zum Rhein entstanden in der Rheinaue die Neusser Wiesen und das Hammer Feld. Heute ist die Fläche mit fünf parallelen Becken gewerblicher Hafen und als solcher ein großer Industrie- und Gewerbeumschlagplatz.
Das auf den Fluss bezogene markante Merkmal der Stadt ist neben dem großen Hafen die durch St. Quirin und die Stadtbefestigung historisch geprägte Stadtsilhouette Richtung Rhein. Die Einzelobjekte, die die besondere Ortsgeschichte belegen, und die markanten Solitäre der Ortssilhouette sind seit langer Zeit als Denkmäler geschützt.
(Elke Janßen-Schnabel, LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, 2020)



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