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Grabstätte des Schauspielers, Mediziners und Rennfahrers Gunther Philipp auf dem Melatenfriedhof
Was ihr entdecken könnt
Der durch seine komödiantischen Rollen bekannte österreichische Schauspieler Gunther Philipp (1918-2003, eigentlich Gunther Placheta) fand sein Grab in der „Schauspielerecke“ auf Melaten. Der vielseitige Darsteller war auch als psychiatrischer Arzt tätig und zudem ein sehr erfolgreicher Sportler.
Der vor allem durch seine humoristisch-komödiantischen Rollen bekannte österreichische Schauspieler Gunther Philipp (1918-2003, eigentlich Gunther Placheta) fand sein Grab in der „Schauspielerecke“ auf dem Kölner Melatenfriedhof. Der in seiner Vielseitigkeit gerne als „Blödeldarsteller“ unterschätzte Philipp war in jungen Jahren ein sehr erfolgreicher Schwimmer, zudem war er lange Jahre auch als Arzt tätig und trat als erfolgreicher Motorsportler bei zahlreichen Autorennen an.
Grabstätte auf dem Kölner Melatenfriedhof
Der junge Schwimmer und spätere Arzt Dr. Gunther Placheta
Der Kabarettist, Schauspieler und Autor Gunther Philipp
Der Motorsportler und die Ecurie Vienne
Ehrungen und Gunther-Philipp-Museum
Internet, Literatur
Grabstätte auf dem Kölner Melatenfriedhof
Gunther Philipp starb nach langjähriger Krankheit am 2. Oktober 2003 im Alter von 85 Jahren in einer Rehabilitationsklinik in Bonn-Bad Godesberg. Am 13. Oktober wurde er in einem knallroten Sarg und begleitet von einem Trauerzug zahlreicher früherer Kolleginnen und Kollegen auf dem Melatenfriedhof bestattet (www.gettyimages.de). Sein Grab befindet sich in der so genannten „Schauspielerecke“ auf Weg D zwischen den Wegen V und W (vgl. Friedhofsplan). In unmittelbarer Nähe befinden sich die letzten Ruhestätten namhafter Kolleginnen und Kollegen: René Deltgen, Willy Birgel sowie Philipps langjährige „Fernseh-Ehefrau“ Gisela Uhlen liegen hier begraben.
Der Grund dafür, dass der Österreicher Gunther Philipp überhaupt „auf Melaten“ bestattet wurde – der Friedhof ist ausschließlich Bewohnern der Domstadt vorbehalten –, ist seine vierte und letzte Ehe, die er 1972 mit Gisela „Gisi“ Kirchberg eingegangen war. Dr. med. Gunther Philipp hatte die wesentlich jüngere Kölner Arzttochter auf einem Medizinerkongreß kennen- und liebengelernt. Aus dieser Ehe entstammt sein jüngster Sohn Gero Mauritius (*1983).
Zwischen 1942 und 1948 war Philipp mit Friederike Mayrhofer verheiratet, aus dieser Ehe ging sein Sohn Peter (*1943) hervor. Es folgte 1952 eine zweite Ehe mit Anna-Maria Huber und 1966 eine dritte mit Monika S., aus der Sohn Alexander (*1967) entstammt.
Gunther Philipps einfach gehaltener Grabstein wird von dem Symbol des Ärztestandes geziert, dem von Schlangen umwundenen Äskulapstab. Neben seinem Geburtsnamen „Placheta“ sind auf dem Grabstein auch die akademischen Titel „Prof.“ und „Dr. med. Univ.“ aufgeführt, was vermutlich mit einem gewissen Augenzwinkern gedacht ist: Über die in Österreich übliche Schmeichelei mit (akademischen) Ehren- und Berufstiteln hatte sich der Schalk Gunther Philipp Zeit seines Lebens immer wieder gerne lustig gemacht.
Der junge Schwimmer und spätere Arzt Dr. Gunther Placheta
Gunther Placheta wurde am 8. Juni 1918 als Sohn des Wiener Tierarztes Hugo Placheta und seiner Ehefrau Therese im heute rumänischen Toplița (deutsch: Töplitz) in Siebenbürgen geboren. Die Stadt gehörte seinerzeit als Maroshévíz zur österreichisch-ungarischen Habsburgermonarchie und fiel nach dem Ersten Weltkrieg an Rumänien. Plachetas Vater war hier während des Ersten Weltkriegs stationiert, nach dem Krieg kehrte die Familie nach Wien zurück.
Gunther besuchte Schulen in Wien und Innsbruck und zeichnete sich früh als erfolgreicher Schwimmer aus: Ab 1935 erzielte er mehrfach österreichische Rekorde über 100-Meter-Brust, im Jahr 1939 sogar als zweiter der Weltrangliste mit einer europäischen Jahresbestleistung von 1:11,3 Minuten. Im Jahr 1936 zählte der 18-jährige Gunther Placheta überdies zum österreichischen Kader für die Olympischen Spiele in Berlin, wurde aber aus politischen Gründen nicht nominiert, da er den Beitritt zum nationalsozialistisch dominierten Ersten Wiener Amateur Sport Club (E.W.A.S.C.) verweigerte (www.kabarettarchiv.at und de.wikipedia.org).
Im Zweiten Weltkrieg wurde Placheta 1940 zum Wehrdienst eingezogen, bekam aber „Studienurlaub“, während dem er Philosophie mit dem Hauptfach Psychologie und anschließend noch Medizin studierte. Gleichzeitig begann er in seiner Freizeit unter dem Künstlernamen Philipp am Kabarett zu spielen und ließ sich an der renommierten Schauspielschule des Max Reinhardt Seminars in Wien ausbilden (www.kabarettarchiv.at).
1943 promovierte Placheta zum Dr. med. und wurde wenig später erneut zum Kriegsdienst eingezogen. In einem Feldlazarett sollte er nun auch die Kriegstauglichkeit von Soldaten begutachten, was er offenbar „nicht immer im Sinne der Wehrmacht tat, wohl aber zum Wohle der Patienten.“ (ebd.)
Nach dem Krieg arbeitete er ab 1946 zwei Jahre lang als Stationsarzt im Fachbereich Neurologie und Psychiatrie der Wiener Universitätsklinik. Eine seiner Patientinnen war die zur berühmten österreichischen Schauspielerdynastie Hörbiger gehörende Film- und Theaterschauspielerin Paula Wessely (1907-2000), die der junge Arzt während einer schweren psychischen Krise betreute, die diese nach dem Krieg und der NS-Zeit durchlitt.
Später eröffnete Dr. Placheta mit amerikanischer Unterstützung eine eigene Praxis im oberösterreichischen Eberstalzell, währenddessen er Texte für das Kabarett schrieb.
Der Kabarettist, Schauspieler und Autor Gunther Philipp
Gemeinsam mit den Kabarettisten-Kollegen Peter Wehle (1914-1986), Fred Kraus (1912-1993, eigentlich Fred Krausenecker) und Rolf Kutschera (1916-2012, eigentlich Adolf Kucera bzw. Kučera) gründete Philipp im Sommer 1948 die Kabarettgruppe „Die kleinen Vier“. Diese trat in wechselnden Besetzungen und mit verschiedenen Partnern und Partnerinnen wie Maria Holst (1917-1980, geborene Czizek) und Rolf Olsen (1919-1998, eigentlich Rudolf Knoblich) auf und erreichte zunächst in Salzburg und dann auch landesweit und in Deutschland beachtliche Erfolge beim Publikum.
Nachdem der Humorist Gunther Placheta 1949 mit einer ersten Rolle in „Küß mich Casanova (Märchen vom Glück)“ für den Film entdeckt wurde – wo er seitdem stets als Gunther Philipp auftrat – „vertauschte er endgültig den Arztkittel gegen Maske und Kostüm des Schauspielers“ (www.steffi-line.de). Zeitlebens behielt er jedoch sein Interesse an medizinischen Themen bei.
Im eher leichten Genre der Heimat-, Musik- und Unterhaltungsfilme des deutsch-österreichischen Nachkriegskinos wurde Philipp zu einem vielbeschäftigten Akteur. Der eher klein gewachsene Darsteller wurde gerne als tolpatschig-trotteliger Charakter „mit näselndem Wiener Redeschwall“ in Militärklamotten und Verwechslungskomödien besetzt, wobei er „seinen Blödelcharme mit ungezügelter Spielfreude“ entfaltete (ebd.). Mehr als 150 Kino- und ab den 1960er-Jahren auch einige Fernsehproduktionen mit ihm waren überwiegend sehr erfolgreich.
Zu Gunther Philipps bekanntesten Filmen zählen „Kaisermanöver“ (1954), „Die Deutschmeister“ (1955, zusammen mit Magda und Romy Schneider), „Lumpazivagabundus“ (1956, mit Paul Hörbiger, nach dem Theaterstück „Der böse Geist Lumpacivagabundus“ von Johann Nestroy) „Schwejks Flegeljahre“ (1964, nach dem Roman „Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk“ von Jaroslav Hašek) sowie „Die Abenteuer des Grafen Bobby“ (1961), „Das süße Leben des Grafen Bobby“ (1962) und „Graf Bobby, der Schrecken des Wilden Westens“ (1966) – hier in seiner Paraderolle als reichlich tumber Baron Mucki von Kalk jeweils an der Seite seines Landsmanns Peter Alexander (1926-2011) in der Titelrolle.
Der ungarischstämmige Regisseur Géza von Cziffra (1900-1989) bezeichnete ihn dabei als „wirklichen Schauspieler, im Gegensatz zu Peter Alexander, mit dem ich zwar auch viele Filme gemacht habe, aber der war ein Sänger!“ (www.menschenundmedien.net).
Darauf angesprochen, wie er sich denn überhaupt als ehrenwerter Facharzt zum albernen Ohrenwackeln hergeben könne, lautete Gunther Philipps überzeugende Antwort: „Solange ich mit Ohrenwackeln das Zehnfache eines Arztes verdiene, wackle ich mit den Ohren.“
Anders als etwa die mit ihrem beim Publikum verfestigten, aber von ihr ungeliebten Rollenbild als „dicke Ulknudel“ hadernde Kölner Künstlerin Trude Herr (1927-1991), litt Philipp offenbar keineswegs daran, als Darsteller stets die gleichen Klischees zu bedienen. So schreckte der umtriebige Schauspieler auch nicht vor Rollen in frivol-erotischen Filmchen wie „00Sex am Wolfgangsee“ (1966) zurück oder einschlägigen Produktionen aus der schlüpfrig-schmuddeligen Frau-Wirtin-Reihe wie „Die Wirtin von der Lahn“ (1967) und „Frau Wirtin treibt es jetzt noch toller“ (1970).
Als einzige ernste Filmrolle gilt seine Darstellung des Richters Edward Smith in dem für dieses Genre allerdings auch eher ungewöhnlichen Italo-Western „Il Nero – Haß war sein Gebet“ (1967, original L'odio è il mio Dio = Haß ist mein Gott).
Eine seiner letzten Kinorollen spielte Gunther Philipp schließlich sogar an der Seite des häufig kultisch verehrten Bud Spencer (1929-2016, eigentlich Carlo Pedersoli), der sich in jungen Jahren ebenfalls als mehrfacher italienischer Meister im Schwimmen und als zweifacher Olympiateilnehmer 1952 und 1956 ausgezeichnet hatte. In „Banana Joe“ (1981/82) stellte Philipp tuntig-überzeichnet und aus heutiger Sicht keinesfalls political correct einen homosexuellen Schneider dar (vgl. www.youtube.com).
Neben erfolgreichen Bühnenengagements am Boulevard-Theater verfasste Gunther Philipp als Autor auch zahlreiche Programme und Drehbücher für Film, Fernsehen und Radio.
Seine letzte Fernsehrolle spielte er von 1993 bis 2002 in der 1989-2013 ausgestrahlten ORF-/ZDF-Fernsehserie „Forsthaus Falkenau“ als Ehemann der von Gisela Uhlen (1919-2007) dargestellten Mutter des Försters Rombach.
Der Motorsportler und die Ecurie Vienne
Als begeisterter Sportler und zeitgenössischer „Herrenfahrer“ (ein Amateur-Rennfahrer, der mit eigenem Wagen antritt) gründete Gunther Philipp 1959 zusammen mit seinen Freunden und Rennfahrerkollegen Rolf Markl und Kurt Barry (1939-1964, eigentlich Corrado Bardi, auch Curd Bardi-Barry oder Corrado Bardy-Barry) den Motorsport-Rennstall Ecurie Vienne (EV, frz. écurie = Rennstall) im Dachverband des Österreichischen Automobil Sport Clubs ÖASC. An der Gründung der EV war wohl auch der später lange Zeit als Rennsportfunktionär und Autor tätige Martin Pfundner (1930-2016) beteiligt (die Internetquellen stellen dies jedoch unterschiedlich dar).
Zunächst mit zwei von Gunther Philipp dem Team beigesteuerten Formel-Junior-Rennwagen des Typs Poggi (auf Fiat-Basis) und dessen privaten Mercedes-Benz 300 SL (vermutlich ein Typ W 194) und Ferrari 250 GT / GTO ging die EV zwischen 1960 und 1963 bei zahlreichen nationalen und internationalen Rennen in Österreich und Deutschland an den Start und verzeichnete bereits 1960 die ersten Titel (youtu.be, Flugplatzrennen Teil 2, ab 33'10, ab 56'25 und ab 58'37 min.).
Gunther Philipp selbst absolvierte laut einem Fernsehinterview „in acht Jahren aktivem Motorsport per anno 8-10 Rennen als Amateur“. Er gewann dabei 1961 auf seinem Ferrari in der GT-Klasse über 1600 cm3 den „Preis von Wien“ in Wien-Aspern und wurde in den 1960er-Jahren mehrmaliger österreichischer Staatsmeister.
Die Ecurie Vienne förderte zu Beginn von dessen Laufbahn den Deutsch-Österreicher Jochen Rindt (1942-1970), der 1963 in der Formel Junior für die EV auf Cooper-Ford an den Start ging. Gemeinsam mit Rindt moderierte Gunther Philipp später die ORF-Rennsportsendung „Motorama“. Nach Rindts tödlichem Unfall beim Training zum Großen Preis von Italien in Monza, nach dem dieser noch postum Formel-1-Weltmeister 1970 wurde, moderierte Philipp die Sendung noch eine Weile alleine weiter.
Bereits seit dem Tod von Kurt Barry, der am 7. Februar 1964 bei einem tragischen Verkehrsunfall ums Leben gekommen war, war es ruhig um den Wiener Rennstall geworden. Die EV geriet fast ganz in Vergessenheit, bevor der Name um 2005 von einem Wiener Rennsportunternehmen übernommen und wieder belebt wurde (www.ecurie-vienne.at).
Ehrungen und Gunther-Philipp-Museum
Zum 22. Juni 1998 wurde Gunther Philipp das „Österreichische Ehrenzeichen und Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst“ verliehen, ferner erhielt er am 30. April 1999 die „Ehrenmedaille der Bundeshauptstadt Wien in Gold“.
Im Hotel Mariandl am Drehort des Kinofilms „Mariandl“ (1961) im niederösterreichischen Spitz wurde 2009 zu Ehren von Gunther Philipp ein Museum eröffnet. Hier zeugen „zahlreiche Exponate ... vom Rennhelm aus den 60er Jahren, über unzählige Filmplakate, bis hin zu privaten Fotoalben ... von der Vielseitigkeit des Österreichischen Tausendsassas.“ (www.hotel-mariandl.at)
Über Martin Pfundner ist die folgende Anekdote zu dem Rennfahrer Gunther Philipp überliefert:
„Gunther Philipp hatte in seinen Verträgen mit Filmgesellschaften ein striktes Verbot, gefährliche Sportarten zu betreiben. Dagegen hat er immer wieder konsequent verstoßen. Er tarnte sich anfangs mit dem Pseudonym ‚Constantine‘, dann ‚Terramonte‘, ‚Carlo Brioni‘ und ‚Giulio Pavesi‘.
Die Filmgesellschaft knackte manch ein Pseudonym und verfolgte dann sehr genau, wenn ein neues Pseudonym auftauchte. Deshalb tarnte sich Gunther Philipp ab 1963 unter seinem bürgerlichen Namen Placheta, das war weniger auffällig. Er war blitzgescheit und ideenreich.“
Von Gunther Philipp selbst ist das Zitat überliefert:
„Durch den Sport habe ich gelernt, meine eigenen Leistungsgrenzen zu erkennen, wie man Leistung aufbaut und sie halten kann.“
(Franz-Josef Knöchel, LVR-Redaktion KuLaDig, 2020 / Hinweise und Zitate zu Philipps motorsportlichen Aktivitäten von Dr. Marco Kieser, LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, 2020)
Internet
www.imdb.com: Gunther Philipp in der Filmdatenbank Internet Movie Database (IMDb) (abgerufen 30.06.2020)
www.steffi-line.de: Gunther Philipp (abgerufen 30.06.2020)
www.kabarettarchiv.at: Österreichisches Kabarettarchiv, Gunther Philipp (abgerufen 30.06.2020)
www.menschenundmedien.net: Vielseitigkeit als Profession: 100 Jahre Gunther Philipp (Nachruf von Ramin Rowghani, Juni 2018, abgerufen 30.06.2020)
www.gettyimages.de: Bildersuche nach „Gunther Philipp“ (abgerufen 30.06.2020)
youtube.com: Gunther Philipp und Peter Alexander singen „Rosamunde“ im Film „Schwejks Flegeljahre“ (abgerufen 30.06.2020)
youtube.com: Gunther Philipp und Bud Spencer im Film „Banana Joe“ (abgerufen 30.06.2020)
youtu.be: Gunther Philipp als Moderator der ORF-Rennsportsendung „Motorama“ anlässlich des tödlichem Unfalls von Jochen Rindt beim Großen Preis von Italien in Monza (abgerufen 10.11.2022)
youtu.be: Rainer Braun über die lange Tradition der Flugplatzrennen, Teil 2 (Podcast „Alte Schule - die goldene Ära des Automobils“ vom 20.11.2020, abgerufen 21.11.2020)
www.hotel-mariandl.at: Gunther-Philipp-Museum (abgerufen 30.06.2020)
de.wikipedia.org: Gunther Philipp (abgerufen 30.06.2020)
de.wikipedia.org: Ecurie Vienne (abgerufen 30.06.2020)
de.wikipedia.org: Martin Pfundner (abgerufen 30.06.2020)
www.driverdb.com: Gunther Philipp (abgerufen 30.06.2020)
www.racingsportscars.com: Günther [sic!] Philipp / Dr. Gunther Placheta (aufgerufen 30.06.2020)
www.racingsportscars.com: Rolf Markl (aufgerufen 30.06.2020)
www.racingsportscars.com: Kurt Barry (aufgerufen 30.06.2020)
www.ecurie-vienne.at: Ecurie Vienne, Johannes Huber GmbH & Co KG (abgerufen 30.06.2020)
www.stadt-koeln.de: Friedhofsplan (PDF-Datei, 313 kB, abgerufen 30.06.2020)
Grabstätte auf dem Kölner Melatenfriedhof
Der junge Schwimmer und spätere Arzt Dr. Gunther Placheta
Der Kabarettist, Schauspieler und Autor Gunther Philipp
Der Motorsportler und die Ecurie Vienne
Ehrungen und Gunther-Philipp-Museum
Internet, Literatur
Grabstätte auf dem Kölner Melatenfriedhof
Gunther Philipp starb nach langjähriger Krankheit am 2. Oktober 2003 im Alter von 85 Jahren in einer Rehabilitationsklinik in Bonn-Bad Godesberg. Am 13. Oktober wurde er in einem knallroten Sarg und begleitet von einem Trauerzug zahlreicher früherer Kolleginnen und Kollegen auf dem Melatenfriedhof bestattet (www.gettyimages.de). Sein Grab befindet sich in der so genannten „Schauspielerecke“ auf Weg D zwischen den Wegen V und W (vgl. Friedhofsplan). In unmittelbarer Nähe befinden sich die letzten Ruhestätten namhafter Kolleginnen und Kollegen: René Deltgen, Willy Birgel sowie Philipps langjährige „Fernseh-Ehefrau“ Gisela Uhlen liegen hier begraben.
Der Grund dafür, dass der Österreicher Gunther Philipp überhaupt „auf Melaten“ bestattet wurde – der Friedhof ist ausschließlich Bewohnern der Domstadt vorbehalten –, ist seine vierte und letzte Ehe, die er 1972 mit Gisela „Gisi“ Kirchberg eingegangen war. Dr. med. Gunther Philipp hatte die wesentlich jüngere Kölner Arzttochter auf einem Medizinerkongreß kennen- und liebengelernt. Aus dieser Ehe entstammt sein jüngster Sohn Gero Mauritius (*1983).
Zwischen 1942 und 1948 war Philipp mit Friederike Mayrhofer verheiratet, aus dieser Ehe ging sein Sohn Peter (*1943) hervor. Es folgte 1952 eine zweite Ehe mit Anna-Maria Huber und 1966 eine dritte mit Monika S., aus der Sohn Alexander (*1967) entstammt.
Gunther Philipps einfach gehaltener Grabstein wird von dem Symbol des Ärztestandes geziert, dem von Schlangen umwundenen Äskulapstab. Neben seinem Geburtsnamen „Placheta“ sind auf dem Grabstein auch die akademischen Titel „Prof.“ und „Dr. med. Univ.“ aufgeführt, was vermutlich mit einem gewissen Augenzwinkern gedacht ist: Über die in Österreich übliche Schmeichelei mit (akademischen) Ehren- und Berufstiteln hatte sich der Schalk Gunther Philipp Zeit seines Lebens immer wieder gerne lustig gemacht.
Der junge Schwimmer und spätere Arzt Dr. Gunther Placheta
Gunther Placheta wurde am 8. Juni 1918 als Sohn des Wiener Tierarztes Hugo Placheta und seiner Ehefrau Therese im heute rumänischen Toplița (deutsch: Töplitz) in Siebenbürgen geboren. Die Stadt gehörte seinerzeit als Maroshévíz zur österreichisch-ungarischen Habsburgermonarchie und fiel nach dem Ersten Weltkrieg an Rumänien. Plachetas Vater war hier während des Ersten Weltkriegs stationiert, nach dem Krieg kehrte die Familie nach Wien zurück.
Gunther besuchte Schulen in Wien und Innsbruck und zeichnete sich früh als erfolgreicher Schwimmer aus: Ab 1935 erzielte er mehrfach österreichische Rekorde über 100-Meter-Brust, im Jahr 1939 sogar als zweiter der Weltrangliste mit einer europäischen Jahresbestleistung von 1:11,3 Minuten. Im Jahr 1936 zählte der 18-jährige Gunther Placheta überdies zum österreichischen Kader für die Olympischen Spiele in Berlin, wurde aber aus politischen Gründen nicht nominiert, da er den Beitritt zum nationalsozialistisch dominierten Ersten Wiener Amateur Sport Club (E.W.A.S.C.) verweigerte (www.kabarettarchiv.at und de.wikipedia.org).
Im Zweiten Weltkrieg wurde Placheta 1940 zum Wehrdienst eingezogen, bekam aber „Studienurlaub“, während dem er Philosophie mit dem Hauptfach Psychologie und anschließend noch Medizin studierte. Gleichzeitig begann er in seiner Freizeit unter dem Künstlernamen Philipp am Kabarett zu spielen und ließ sich an der renommierten Schauspielschule des Max Reinhardt Seminars in Wien ausbilden (www.kabarettarchiv.at).
1943 promovierte Placheta zum Dr. med. und wurde wenig später erneut zum Kriegsdienst eingezogen. In einem Feldlazarett sollte er nun auch die Kriegstauglichkeit von Soldaten begutachten, was er offenbar „nicht immer im Sinne der Wehrmacht tat, wohl aber zum Wohle der Patienten.“ (ebd.)
Nach dem Krieg arbeitete er ab 1946 zwei Jahre lang als Stationsarzt im Fachbereich Neurologie und Psychiatrie der Wiener Universitätsklinik. Eine seiner Patientinnen war die zur berühmten österreichischen Schauspielerdynastie Hörbiger gehörende Film- und Theaterschauspielerin Paula Wessely (1907-2000), die der junge Arzt während einer schweren psychischen Krise betreute, die diese nach dem Krieg und der NS-Zeit durchlitt.
Später eröffnete Dr. Placheta mit amerikanischer Unterstützung eine eigene Praxis im oberösterreichischen Eberstalzell, währenddessen er Texte für das Kabarett schrieb.
Der Kabarettist, Schauspieler und Autor Gunther Philipp
Gemeinsam mit den Kabarettisten-Kollegen Peter Wehle (1914-1986), Fred Kraus (1912-1993, eigentlich Fred Krausenecker) und Rolf Kutschera (1916-2012, eigentlich Adolf Kucera bzw. Kučera) gründete Philipp im Sommer 1948 die Kabarettgruppe „Die kleinen Vier“. Diese trat in wechselnden Besetzungen und mit verschiedenen Partnern und Partnerinnen wie Maria Holst (1917-1980, geborene Czizek) und Rolf Olsen (1919-1998, eigentlich Rudolf Knoblich) auf und erreichte zunächst in Salzburg und dann auch landesweit und in Deutschland beachtliche Erfolge beim Publikum.
Nachdem der Humorist Gunther Placheta 1949 mit einer ersten Rolle in „Küß mich Casanova (Märchen vom Glück)“ für den Film entdeckt wurde – wo er seitdem stets als Gunther Philipp auftrat – „vertauschte er endgültig den Arztkittel gegen Maske und Kostüm des Schauspielers“ (www.steffi-line.de). Zeitlebens behielt er jedoch sein Interesse an medizinischen Themen bei.
Im eher leichten Genre der Heimat-, Musik- und Unterhaltungsfilme des deutsch-österreichischen Nachkriegskinos wurde Philipp zu einem vielbeschäftigten Akteur. Der eher klein gewachsene Darsteller wurde gerne als tolpatschig-trotteliger Charakter „mit näselndem Wiener Redeschwall“ in Militärklamotten und Verwechslungskomödien besetzt, wobei er „seinen Blödelcharme mit ungezügelter Spielfreude“ entfaltete (ebd.). Mehr als 150 Kino- und ab den 1960er-Jahren auch einige Fernsehproduktionen mit ihm waren überwiegend sehr erfolgreich.
Zu Gunther Philipps bekanntesten Filmen zählen „Kaisermanöver“ (1954), „Die Deutschmeister“ (1955, zusammen mit Magda und Romy Schneider), „Lumpazivagabundus“ (1956, mit Paul Hörbiger, nach dem Theaterstück „Der böse Geist Lumpacivagabundus“ von Johann Nestroy) „Schwejks Flegeljahre“ (1964, nach dem Roman „Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk“ von Jaroslav Hašek) sowie „Die Abenteuer des Grafen Bobby“ (1961), „Das süße Leben des Grafen Bobby“ (1962) und „Graf Bobby, der Schrecken des Wilden Westens“ (1966) – hier in seiner Paraderolle als reichlich tumber Baron Mucki von Kalk jeweils an der Seite seines Landsmanns Peter Alexander (1926-2011) in der Titelrolle.
Der ungarischstämmige Regisseur Géza von Cziffra (1900-1989) bezeichnete ihn dabei als „wirklichen Schauspieler, im Gegensatz zu Peter Alexander, mit dem ich zwar auch viele Filme gemacht habe, aber der war ein Sänger!“ (www.menschenundmedien.net).
Darauf angesprochen, wie er sich denn überhaupt als ehrenwerter Facharzt zum albernen Ohrenwackeln hergeben könne, lautete Gunther Philipps überzeugende Antwort: „Solange ich mit Ohrenwackeln das Zehnfache eines Arztes verdiene, wackle ich mit den Ohren.“
Anders als etwa die mit ihrem beim Publikum verfestigten, aber von ihr ungeliebten Rollenbild als „dicke Ulknudel“ hadernde Kölner Künstlerin Trude Herr (1927-1991), litt Philipp offenbar keineswegs daran, als Darsteller stets die gleichen Klischees zu bedienen. So schreckte der umtriebige Schauspieler auch nicht vor Rollen in frivol-erotischen Filmchen wie „00Sex am Wolfgangsee“ (1966) zurück oder einschlägigen Produktionen aus der schlüpfrig-schmuddeligen Frau-Wirtin-Reihe wie „Die Wirtin von der Lahn“ (1967) und „Frau Wirtin treibt es jetzt noch toller“ (1970).
Als einzige ernste Filmrolle gilt seine Darstellung des Richters Edward Smith in dem für dieses Genre allerdings auch eher ungewöhnlichen Italo-Western „Il Nero – Haß war sein Gebet“ (1967, original L'odio è il mio Dio = Haß ist mein Gott).
Eine seiner letzten Kinorollen spielte Gunther Philipp schließlich sogar an der Seite des häufig kultisch verehrten Bud Spencer (1929-2016, eigentlich Carlo Pedersoli), der sich in jungen Jahren ebenfalls als mehrfacher italienischer Meister im Schwimmen und als zweifacher Olympiateilnehmer 1952 und 1956 ausgezeichnet hatte. In „Banana Joe“ (1981/82) stellte Philipp tuntig-überzeichnet und aus heutiger Sicht keinesfalls political correct einen homosexuellen Schneider dar (vgl. www.youtube.com).
Neben erfolgreichen Bühnenengagements am Boulevard-Theater verfasste Gunther Philipp als Autor auch zahlreiche Programme und Drehbücher für Film, Fernsehen und Radio.
Seine letzte Fernsehrolle spielte er von 1993 bis 2002 in der 1989-2013 ausgestrahlten ORF-/ZDF-Fernsehserie „Forsthaus Falkenau“ als Ehemann der von Gisela Uhlen (1919-2007) dargestellten Mutter des Försters Rombach.
Der Motorsportler und die Ecurie Vienne
Als begeisterter Sportler und zeitgenössischer „Herrenfahrer“ (ein Amateur-Rennfahrer, der mit eigenem Wagen antritt) gründete Gunther Philipp 1959 zusammen mit seinen Freunden und Rennfahrerkollegen Rolf Markl und Kurt Barry (1939-1964, eigentlich Corrado Bardi, auch Curd Bardi-Barry oder Corrado Bardy-Barry) den Motorsport-Rennstall Ecurie Vienne (EV, frz. écurie = Rennstall) im Dachverband des Österreichischen Automobil Sport Clubs ÖASC. An der Gründung der EV war wohl auch der später lange Zeit als Rennsportfunktionär und Autor tätige Martin Pfundner (1930-2016) beteiligt (die Internetquellen stellen dies jedoch unterschiedlich dar).
Zunächst mit zwei von Gunther Philipp dem Team beigesteuerten Formel-Junior-Rennwagen des Typs Poggi (auf Fiat-Basis) und dessen privaten Mercedes-Benz 300 SL (vermutlich ein Typ W 194) und Ferrari 250 GT / GTO ging die EV zwischen 1960 und 1963 bei zahlreichen nationalen und internationalen Rennen in Österreich und Deutschland an den Start und verzeichnete bereits 1960 die ersten Titel (youtu.be, Flugplatzrennen Teil 2, ab 33'10, ab 56'25 und ab 58'37 min.).
Gunther Philipp selbst absolvierte laut einem Fernsehinterview „in acht Jahren aktivem Motorsport per anno 8-10 Rennen als Amateur“. Er gewann dabei 1961 auf seinem Ferrari in der GT-Klasse über 1600 cm3 den „Preis von Wien“ in Wien-Aspern und wurde in den 1960er-Jahren mehrmaliger österreichischer Staatsmeister.
Die Ecurie Vienne förderte zu Beginn von dessen Laufbahn den Deutsch-Österreicher Jochen Rindt (1942-1970), der 1963 in der Formel Junior für die EV auf Cooper-Ford an den Start ging. Gemeinsam mit Rindt moderierte Gunther Philipp später die ORF-Rennsportsendung „Motorama“. Nach Rindts tödlichem Unfall beim Training zum Großen Preis von Italien in Monza, nach dem dieser noch postum Formel-1-Weltmeister 1970 wurde, moderierte Philipp die Sendung noch eine Weile alleine weiter.
Bereits seit dem Tod von Kurt Barry, der am 7. Februar 1964 bei einem tragischen Verkehrsunfall ums Leben gekommen war, war es ruhig um den Wiener Rennstall geworden. Die EV geriet fast ganz in Vergessenheit, bevor der Name um 2005 von einem Wiener Rennsportunternehmen übernommen und wieder belebt wurde (www.ecurie-vienne.at).
Ehrungen und Gunther-Philipp-Museum
Zum 22. Juni 1998 wurde Gunther Philipp das „Österreichische Ehrenzeichen und Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst“ verliehen, ferner erhielt er am 30. April 1999 die „Ehrenmedaille der Bundeshauptstadt Wien in Gold“.
Im Hotel Mariandl am Drehort des Kinofilms „Mariandl“ (1961) im niederösterreichischen Spitz wurde 2009 zu Ehren von Gunther Philipp ein Museum eröffnet. Hier zeugen „zahlreiche Exponate ... vom Rennhelm aus den 60er Jahren, über unzählige Filmplakate, bis hin zu privaten Fotoalben ... von der Vielseitigkeit des Österreichischen Tausendsassas.“ (www.hotel-mariandl.at)
Über Martin Pfundner ist die folgende Anekdote zu dem Rennfahrer Gunther Philipp überliefert:
„Gunther Philipp hatte in seinen Verträgen mit Filmgesellschaften ein striktes Verbot, gefährliche Sportarten zu betreiben. Dagegen hat er immer wieder konsequent verstoßen. Er tarnte sich anfangs mit dem Pseudonym ‚Constantine‘, dann ‚Terramonte‘, ‚Carlo Brioni‘ und ‚Giulio Pavesi‘.
Die Filmgesellschaft knackte manch ein Pseudonym und verfolgte dann sehr genau, wenn ein neues Pseudonym auftauchte. Deshalb tarnte sich Gunther Philipp ab 1963 unter seinem bürgerlichen Namen Placheta, das war weniger auffällig. Er war blitzgescheit und ideenreich.“
Von Gunther Philipp selbst ist das Zitat überliefert:
„Durch den Sport habe ich gelernt, meine eigenen Leistungsgrenzen zu erkennen, wie man Leistung aufbaut und sie halten kann.“
(Franz-Josef Knöchel, LVR-Redaktion KuLaDig, 2020 / Hinweise und Zitate zu Philipps motorsportlichen Aktivitäten von Dr. Marco Kieser, LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, 2020)
Internet
www.imdb.com: Gunther Philipp in der Filmdatenbank Internet Movie Database (IMDb) (abgerufen 30.06.2020)
www.steffi-line.de: Gunther Philipp (abgerufen 30.06.2020)
www.kabarettarchiv.at: Österreichisches Kabarettarchiv, Gunther Philipp (abgerufen 30.06.2020)
www.menschenundmedien.net: Vielseitigkeit als Profession: 100 Jahre Gunther Philipp (Nachruf von Ramin Rowghani, Juni 2018, abgerufen 30.06.2020)
www.gettyimages.de: Bildersuche nach „Gunther Philipp“ (abgerufen 30.06.2020)
youtube.com: Gunther Philipp und Peter Alexander singen „Rosamunde“ im Film „Schwejks Flegeljahre“ (abgerufen 30.06.2020)
youtube.com: Gunther Philipp und Bud Spencer im Film „Banana Joe“ (abgerufen 30.06.2020)
youtu.be: Gunther Philipp als Moderator der ORF-Rennsportsendung „Motorama“ anlässlich des tödlichem Unfalls von Jochen Rindt beim Großen Preis von Italien in Monza (abgerufen 10.11.2022)
youtu.be: Rainer Braun über die lange Tradition der Flugplatzrennen, Teil 2 (Podcast „Alte Schule - die goldene Ära des Automobils“ vom 20.11.2020, abgerufen 21.11.2020)
www.hotel-mariandl.at: Gunther-Philipp-Museum (abgerufen 30.06.2020)
de.wikipedia.org: Gunther Philipp (abgerufen 30.06.2020)
de.wikipedia.org: Ecurie Vienne (abgerufen 30.06.2020)
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