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Herrenhaus Villa Oppenheim und Rennbahn Fühlingen


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Am Fühlinger See befindet sich ein verfallendes Gutshaus, in dem Geister spuken sollen… Gleich gegenüber lag früher eine dazu gehörende Pferderennbahn. Beides gehörte zum Besitz der bedeutenden Kölner Familie (von) Oppenheim.

Am Fühlinger See befindet sich ein verfallendes Gutshaus, in dem Geister spuken sollen… Gleich gegenüber lag früher eine dazu gehörende Pferderennbahn. Beides gehörte zum Besitz der bedeutenden Kölner Familie (von) Oppenheim.
Das nachfolgend behandelte Herrenhaus in Köln-Fühlingen ist nicht zu verwechseln mit der um 1900 in der „Goldenen Ecke von Köln“ liegenden Parzelle Villa Oppenheim von Köln (in Neustadt-Nord, heute von der Oppenheimstraße gequert, vgl. Abb. Lageplan / Stadtführer 1897) bzw. mit der ebenfalls als Villa oder Palais Oppenheim bezeichneten, meist aber Palais du Rhin genannten 1906-1908 erbauten Villa in Bayenthal.

Lage und Ausdehnung von Gutshof und Rennbahn
Exkurs: Die Familie (von) Oppenheim und die Privatbank Sal. Oppenheim Jr. & Cie.
Herrenhaus, Gestüt und Rennbahn
Aktuelle Situation: Spukhaus und „lost place“, Pläne zur Instandsetzung und Investitonsvorhaben
Hinweise: Kulturlandschaftsbereich und Baudenkmal
Internet, Literatur

Lage und Ausdehnung von Gutshof und Rennbahn
Auf einem großen Teil der Fläche des heutigen Naherholungsgebiets „Fühlinger See“ im Kölner Stadtteil Fühlingen zeigen die historischen Karten der zwischen 1891 und 1912 erarbeiteten Preußischen Neuaufnahme ein Herrenhaus mit großflächigen Anlagen und Gärten sowie eine „Rennbahn“ auf der gegenüberliegenden Seite der vormaligen Grande Route de Neuss à Cologne, der späteren Neusser Landstraße bzw. Bundesstraße B 9. Die älteren Karten der Topographischen Aufnahme der Rheinlande (Tranchot / von Müffling) aus den Jahren 1801-1828 wie auch die Karten der zwischen 1836 und 1850 erarbeiteten Preußischen Uraufnahme zeigen das Areal noch unbebaut (vgl. die historischen Kartenansichten).

Um das Jahr 1884 kaufte der Kölner Bankier Eduard Freiherr von Oppenheim (1831-1909) von der Gemeinde Fühlingen wenige hundert Meter südlich des Ortes 186 Morgen Land, auf der er ein Gutshaus sowie ein Gestüt mit Pferderennbahn „zu Trainingszwecken“ anlegen ließ. Der Erlös aus dem Grundverkauf soll es Fühlinger Bevölkerung ermöglicht haben, die 1887/88 errichtete Kirche St. Marien zu erbauen.
Da das Flächenausmaß des Morgen im 19. Jahrhundert regional sehr variierte – der Kölner Feldmorgen rechnet diesen zu 1.700 Quadratmeter, der preußische Neue Morgen zu 2.552 Quadratmeter, der Rheinländische Morgen wiederum zu 3.176 Quadratmeter (Trapp 1996) – ist von einer Gesamtfläche zwischen rund 316.000 und 590.000 Quadratmeter auszugehen (zwischen 31,6 und 59 Hektar; die hier entsprechend der Preußischen Neuaufnahme verzeichnete Objektgeometrie umfasst rund 53 Hektar).
Auf der Rückseite des Gebäudes sind heute noch die Maueransätze der beiden einst nach Westen hin gelegenen früheren Seitenflügel zu erkennen, wie sie sich auch in der Karte der Preußischen Neuaufnahme (1891-1912) andeuten (vgl. Abbildungen und die historischen Karten in der Kartenansicht).
Exkurs: Die Familie (von) Oppenheim und die Privatbank Sal. Oppenheim Jr. & Cie.
Die Familie Oppenheim war bereits im 18. Jahrhundert im Frankfurter Bankgeschäft tätig. Sie stammte ursprünglich aus dem Ort Oppenheim im heutigen Landkreis Mainz-Bingen (Rheinland-Pfalz) und war ein Zweig der auf Amschel Oppenheim (ca. 1450-1505) zurückgehenden jüdischen Familie.
Ein späterer Nachfahre, Salomon Oppenheim junior (1772-1828), beschloss 1798 die Geschäfte des von ihm 1789 in Bonn begründeten Kommissions- und Wechselhauses (ab 1904 Privatbank Sal. Oppenheim Jr. & Cie.) nach Köln zu verlegen, wo sich nach der Aufhebung des seit 1424 verhängten Ansiedlungsverbots für Juden besseren Geschäftschancen boten.
Innerhalb von nur wenigen Jahren stieg das Haus Oppenheim zur zweitgrößten Bank der Stadt auf, gleich hinter dem 1791 gegründeten Bankhaus Schaaffhausen (A. Schaaffhausen’scher Bankverein). Mit Salomon Oppenheim wurde 1822 erstmals ein Jude in die Kölner Handelskammer aufgenommen, andere Familienmitglieder waren Teil des Kölner Stadtrats. Dagobert Oppenheim (1809-1899), war von 1866 bis 1889 Vertreter der Liberalen im Kölner Stadtrat und einer der Begründer der oppositionellen Kölner „Rheinischen Zeitung“, bei der 1842/43 Karl Marx (1818-1883) als Chefredakteur wirkte.
Die wohlhabende und hoch angesehene Familie wurde in den 1860er Jahren zu österreichischen und preußischen Freiherren „von Oppenheim“ geadelt. Auch der erste moderne Synagogenbau in Köln geht auf eine Oppenheim’sche Stiftung zurück: die durch die Förderung von Abraham Oppenheim (1804-1878) erbaute und 1861 eingeweihte Synagoge in der Glockengasse. Gleichzeitig förderte die Familie aber auch aktiv die 1880 abgeschlossene Vollendung des Kölner Doms (Arens 2016).
In der Zeit des Nationalsozialismus wurde die Bankiersfamilie dann als „Mischlinge 2. Grades“ diskriminiert. Für das als „jüdisch“ eingestufte Bankhaus fand sich mit dem Bankier und vormaligen Teilhaber Robert Pferdmenges (1880-1962) ein verlässlicher Treuhänder, der die Existenz der Bank über die Zeit der NS-Diktatur hinaus sichern konnte.
Nach mehr als zwei Jahrhunderten geriet nach 2008 auch das Traditionshaus Sal. Oppenheim Jr. & Cie. AG & Co. KGaA im Strudel der Finanzkrise(n) und als Großaktionär des im Sommer 2009 insolvent gegangenen Warenhaus- und Touristikkonzerns Arcandor (vormals KarstadtQuelle AG) in eine beträchtliche Schieflage. Nach 221 Jahren in Familienbesitz wurde die Privatbank im März 2010 im Zuge eines Notverkaufs als Tochtergesellschaft von der Deutschen Bank übernommen, die Sal. Oppenheim seitdem als formal eigenständiges Institut weiterführt.
Herrenhaus, Gestüt und Rennbahn
Das auch „Villa Oppenheim“ genannte Herrenhaus wird teils auch auf „um 1880“ datiert, es umfasste zweieinhalb Geschosse und besaß eine Loggia mit Freitreppe.

Mit dem 1869 gegründeten und nach einem ehemaligen Rittergut benannten Gestüt Schlenderhan im rund 30 Kilometer entfernten Quadrath-Ichendorf (Stadt Bergheim) besaßen die von Oppenheim bereits das seinerzeit (und bis heute) bedeutendste deutsche Vollblutgestüt. Aufgrund der Verfolgung der Familie jüdischen Ursprungs in der NS-Zeit musste das Gestüt Schlenderhan 1942 zwangsweise an die SS verkauft werden.
Das Anwesen in Fühlingen hingegen verkaufte noch sein Erbauer Eduard von Oppenheim bereits 1907 wieder. Die Rennbahn wurde von dem nachfolgenden Besitzer abgeholzt und teilweise ausgebaggert. Im Jahr 1963 wurde das Gelände dann von der Stadt Köln aufgekauft und 1967 wurden die hinteren Seitenflügel des Herrenhauses und die Reithalle abgerissen. Beides hängt offenbar mit den seit den frühen 1960er Jahren bestehenden Planungen des „neuen“ Kölner Stadtteils Chorweiler zusammen, denen Mitte der 1960er Jahre auch die Versuchsstrecke der ALWEG-Einschienen-Schnellbahn südlich von Fühlingen zum Opfer fiel. Diese Hochgeschwindigkeitsbahn befand sich seit 1951 auf dem selben Areal wie die frühere Pferderennbahn. Auch die ALWEG-Trassen wurden unmittelbar nach dem Scheitern des Projekts 1966/1967 zugunsten des Naherholungsgebiets für Chorweiler eingeebnet, dessen nahegelegenes Zentrum in den 1970er Jahren als typisches Beispiel der Städte- und Wohnungsbaupolitik dieser Epoche entstand.
Aktuelle Situation: Spukhaus und „lost place“, Pläne zur Instandsetzung und Investitonsvorhaben
Das Gebäude gilt seit geraumer Zeit als Spuk- bzw. Gruselhaus und „Anziehungspunkt für Geisterjäger“ (vgl. u.a. koeln.de 2016 und spukorte.de). Neben dem Äußeren der immer mehr verfallenen Villa Oppenheim sind dafür auch zahlreiche schaurige Geschichten und Presseberichte rund um das Haus verantwortlich, die – mehr oder weniger seriös und in ihrem Wahrheitsgehalt zumeist kaum gesichert – von grausigen Entdeckungen berichten. Unter anderem ist von seltsamen Lichterscheinungen, einem aufgefundenen Grabstein oder von Todesfällen rund um das Bauwerk die Rede.

Seit etwa 2008 tauchten wiederholt Berichte über eine geplante Renovierung des Herrenhauses auf, um dieses als Luxusresidenz oder als Komplex mit Mietwohnungen herzurichten. So informierte die Stadt Köln 2017 über Planungen, in dem Gebäude 35 Luxus-Wohnungen zwischen 45 und 165 Quadratmetern zu Kaufpreisen zwischen 150.000 und 580.000 Euro einzurichten (koeln.de 2014/2017): „Im Sommer 2017 sollen die ersten Bagger anrollen ... Die Fertigstellung soll spätestens Ende 2018 erfolgen.“
Seitdem bewerben wechselnde Investoren in schöner Regelmäßigkeit und mit teils prächtigen Fotomontagen ihre Vorhaben vor Ort. Im Jahr 2018 wurde die Planung von „22 Neubau-Wohnungen mit einer Wohnfläche von 40 m² bis 90 m² sowie 45 Tiefgaragen Stellplätze“ unter dem Motto „wohnen, wo andere Urlaub machen“ vorgestellt und in Aussicht gestellt: „Mitte 2018 werden die Bauarbeiten an den denkmalgeschützten sowie den Neubau-Wohnungen abgeschlossen“ (dolphin-trust.com).
Gleichzeitig wird das „einst erbaut im Jahre 1888 ... historische Objekt ... vor den Toren Köln's“ (sic!) von einem in Bielefeld ansässigen Unternehmen „wieder zum Leben erweckt!“ – entstehen sollen dabei mit „Baubeginn 2. Quartal 2018 ... ca. 18 Wohnungen und 6 Townhäuser“ (innovatio-invest.de).

Der Kölner Stadt-Anzeiger konstatierte 2019, dass die Zukunft des Hauses offenbar weiter ungewiss sei und fasste zusammen: „Im Jahr 2012 erwarb Dolphin Capital die Immobilie, 2014 änderte das Unternehmen seinen Namen in Dolphin Trust, seit März nennt es sich German Property Group (GPG). Einen im Jahr 2017 eingegangenen Bauantrag des Eigentümers (damals noch unter dem Namen Dolphin Trust) lehnte die Stadt im Juli 2018 ab. Seitdem geschah – nichts.“ (www.ksta.de, 27.10.2019).
Seit Ende 2019 laufen staatsanwaltliche Ermittlungen gegen die Unternehmensgruppe der GPG (zunächst mit Sitz im Niedersächsischen Langenhagen, seit 2020 in Bremen) wegen des Verdachts auf Anlagebetrug, betrügerischer Untreue und Bankrotthandlungen.

Vor Ort sind bis heute – von regelmäßig neu erstellten prächtigen Werbetafeln zur jeweiligen Bauplanung der aktuellen „Investoren“ einmal abgesehen – keine entsprechenden Aktivitäten oder sogar Arbeiten an der Oppenheim-Villa zu beobachten. Im Gegenteil: Der Verfall schreitet unaufhaltsam fort und einzig Müll und Graffiti lassen eine gewisse „Nutzung“ erkennen. Die Tafeln für das vorab zuletzt genannte Immobilienprojekt sind seit Frühjahr 2020 wieder verschwunden (Begehungen am 13.06.2018, 24.04.2020 und am 04.04.2023).
Im Oktober 2023 berichtet der Kölner Stadt-Anzeiger, dass der Villa aufgrund des fortschreitenden Verfalls der Bausubstanz der Denkmalstatus aberkannt wurde. Dies ebne nun den Weg für einen Abbruch des mehr und mehr hinter wucherndem Gestrüpp verschwindenden Hauses (www.ksta.de, 2023).
Hinweise: Baudenkmal und Kulturlandschaftsbereich
Das Gutshaus ist seit dem 1. Juli 1980 als Denkmal geschützt, der Eintrag in die Kölner Denkmalliste lautet: „(Rest einer) Hofanlage (Haus Fühlingen)“ (Neusser Landstr. 5, Stand 16. August 2012 und 11. Oktober 2023, UDB-Nr. 506).
Die Villa Oppenheim und der Bereich der früheren Rennbahn sind Merkmale des historischen Kulturlandschaftsbereichs „Chorweiler, Seeberg, Fühlinger See“ (Regionalplan Köln 314).

(Franz-Josef Knöchel, LVR-Redaktion KuLaDig, 2016/2024)

Internet
www.rheinische-geschichte.lvr.de: Die Familie Oppenheim – eine rheinische Bankiersdynastie (Autorin: Gabriele Teichmann, abgerufen 11.05.2016)
www.rheinische-geschichte.lvr.de: Robert Pferdmenges (abgerufen 26.09.2022)
www.koeln-lotse.de: Robert Pferdmenges - erfolgreicher Bänker und „Strippenzieher“ für Adenauer (Uli, der Köln-Lotse vom 24.09.2022, abgerufen 26.09.2022)
www.stadt-koeln.de: Interaktive Denkmalkarte Köln (abgerufen 18.01.2024)
www.koeln.de: Spuk-Villa - Haus Fühlingen: Umbau zur Luxusresidenz ab Sommer 2017 geplant (erstellt 22.07.2014, aktualisiert 23.01.2017, abgerufen 05.02.2024)
www.ksta.de: Haus Fühlingen – Investor will neuen Bauantrag für maroden Kölner Gutshof stellen (Kölner Stadt-Anzeiger vom 27.10.2019, abgerufen 17.01.2020)
www.ksta.de: „Hier besteht Gefahr für Leib und Leben“, Lost Place im Kölner Norden kann abgerissen werden (Text Christopher Dröge, Kölner Stadt-Anzeiger 10.10.2023, abgerufen 11.10.2023)
de.wikipedia.org: Oppenheim (Kölner Familie) (abgerufen 11.05.2016)
de.wikipedia.org: Palais du Rhin in Köln-Bayenthal (abgerufen 03.06.2019)
de.wikipedia.org: German Property Group (abgerufen 09.05.2022)
www.ksta.de: Kölns geheimnisvollste Orte: „Gespenster und Geisterjäger im Haus Fühlingen“ (Kölner Stadt-Anzeiger vom 04.02.2019, abgerufen 12.08.2020, Inhalt nicht mehr verfügbar 05.02.2024)
www.spukorte.de: Haus Fühlingen, Köln (abgerufen 11.05.2016, Inhalt nicht mehr verfügbar 05.02.2024)
www.koeln.de: Die schaurige Geschichte von Haus Fühlingen (abgerufen 11.05.2016, Inhalt nicht mehr verfügbar 05.02.2024)
www.stadt-koeln.de: Suche in der Denkmalliste der Stadt Köln (abgerufen 14.06.2018 u. 11.10.2023, Inhalt nicht mehr verfügbar 18.01.2024)
www.koeln.de: Haus Fühlingen: Umbau zur Luxusresidenz ab Sommer 2017 geplant (erstellt 22.07.2014 und aktualisiert 23.01.2017, abgerufen 14.06.2018, Inhalt nicht mehr verfügbar 11.10.2023)
www.dolphin-trust.com: Projekt Köln, Gutshof am Fühlinger See (abgerufen 14.06.2018, Inhalt nicht mehr verfügbar 30.04.2019)
innovatio-invest.de: Gutshof Köln (abgerufen 30.04.2019, Inhalt nicht mehr verfügbar 30.07.2021)



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