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Benediktinerabtei Sankt Pantaleon
Was ihr entdecken könnt
Die Kirche südlich vor der Stadt findet sich erstmals im Privileg König Lothars II. von 866 unter den vom Kölner Erzbischof abhängigen Stiften und Kirchen genannt. Erzbischof Brun schloss ihr ein vor 964 von ihm gegründetes Kloster an.
Patrozinium: Pantaleon, Cosmas und Damian, Quirinus.
Orden: Benediktinerabtei (Männerkloster).
Geschichte (Gründung und Entwicklung bis um 1200):
Die Kirche südlich vor der Stadt findet sich erstmals im Privileg König Lothars II. von 866 unter den vom Kölner Erzbischof abhängigen Stiften und Kirchen genannt. Erzbischof Brun schloss ihr ein vor 964 von ihm gegründetes Kloster an und besiedelte es mit Mönchen aus St. Maximin in Trier.
Damit war eine Orientierung an der gorzisch-lothringischen Benediktinerobservanz vorgegeben. 964 privilegierte er das Kloster mit der geistlichen und weltlichen Immunität.
Das Patrozinium Pantaleon bezog sich auf den um 305 in Nikomedien ermordeten Märtyrer, der im Abendland zu den 14 Nothelfern gezählt wurde. 955 hatte Abt Hadamar von Fulda Reliquien des Heiligen aus Rom besorgt, die angeblich 971 durch den Kölner Erzbischof Gero um weitere Reliquien Pantaleons ergänzt wurden. 1208 schenkte Heinrich von Ulmen das von ihm aus dem Vorderen Orient mitgebrachte Haupt dem Kloster. Wohl nicht zufällig sollen auch die aus Kilikien stammenden Mitpatrone Cosmas und Damian Ärzte gewesen sein, da Brun seine Gründung von Anfang an mit einem Hospital verbunden hatte. Erzbischof Brun war zeitweise Kommendatarabt des Klosters Lorsch gewesen, wo er auf die Reliquien des (wahrscheinlich) Bischofs Quirinus von Siscia aufmerksam geworden war; diesen Heiligen bestimmte er zum dritten Patron von St. Pantaleon. Obwohl die Gebeine der heiligen Marinus und Albinus nicht zu den Patronen zählten, wurden sie als vornehmster Reliquienschatz betrachtet; den Marinus hatte man 966 beim Bau der Kirche aufgefunden, Albinus hingegen war ein Geschenk der Kaiserin Theophanu.
Dem etwas komplizierten Patrozinium Aufmerksamkeit zu schenken, lohnt sich, weil es einiges Licht auf den Hintergrund dieser Klostergründung wirft. Alle genannten Namen nämlich weisen auf den byzantinischen Machtbereich hin. Brun war bekanntlich ein Sohn König Heinrichs I. und damit ein Bruder Ottos des Großen. Nach dessen glorreichem Sieg über die Ungarn und seiner Kaiserkrönung schien ein Ausgleich mit der byzantinischen Herrschaft dringlich, weswegen eine Heirat des Kaisersohnes, Ottos II., mit einer Tochter des Basileus in Konstantinopel in die Wege geleitet wurde. Der westliche Kaiserhof erwiderte 967 eine östliche Gesandtschaft, eine Kontaktaufnahme war also längst im Gange. So scheint die Annahme nicht fehl zu gehen, dass dem neuen Kloster der symbolische Anstrich eines Willkommensgrußes für die künftige Braut gegeben werden sollte. Die Verifizierung der Reliquien dürfte infolgedessen von einem Wunschdenken geleitet gewesen sein, zumal das Westreich keine Hauptstadt kannte und Brun als „tutor et provisor“ im Westen des Reiches eine starke Stellung hatte, eignete sich Köln als gegenständlicher Ausdruck der erhofften engen Beziehung zwischen den beiden Herrscherhäusern.
Über die Heirat Theophanus, einer Nichte des Basileus, mit Otto II. im Jahre 972 hinaus hatte die Patrozinienwahl ungewöhnliche Nachwirkungen. Die Nebenpatrone des Pantaleonklosters Cosmas und Damian sind schon seit etwa der Mitte des 9. Jahrhunderts als Hauptpatrone des Essener Frauenklosters belegt; folglich war es wohl Erzbischof Brun, der von Essen aus die Anregung für die Namenswahl seiner Kölner Gründung empfing. Im Essener Kloster pflegte seit dem letzten Drittel des 10. Jahrhunderts am Vigiltag des Lichtmeßfestes eine griechische Liturgie gefeiert zu werden, zweifellos deshalb an diesem Tag, weil am Lichtmeßtag, dem 2. Februar 962, die Kaiserkrönung Ottos I. stattgefunden hatte.
In Essen ist seit dem Ende des 10. Jahrhunderts auch Quirinus als Nebenpatron bezeugt. Eine Art west-östlicher Symbiose wird hier ebenfalls sichtbar. Deshalb überrascht auch nicht die Beobachtung, dass die Damenstifte Essen, Gerresheim und Neuss im Mittelalter in etwa die gleiche Liturgie befolgten. Damit rücken die Töchter Theophanus ins Blickfeld. Die dritte Tochter Mathilde wuchs in der Obhut ihrer gleichnamigen Tante auf, die als Äbtissin das Essener Kloster leitete. Später heiratete sie den rheinischen Pfalzgrafen Ezzo und setzte in ihren Nachkommen die Erinnerung an Theophanu fort. Es ist gewiss kein Zufall, dass der Gründungsakt des ezzonischen Hausklosters Brauweiler am 14. April des Jahres 1024 erfolgte; denn am 14. April des Jahres 972 war Theophanu in Rom zusammen mit ihrem frisch angetrauten Gatten zur Kaiserin gekrönt worden. Heilwig, ebenfalls eine Tochter Theophanus, war Äbtissin des damaligen Benediktinnerinnenklosters Neuss, das sich gegen Ende des 10. Jahrhunderts für den hl. Quirinus als Hauptpatron entschied. Obwohl sich Theophanu zeitlebens nur wenige Male in Köln aufgehalten hatte, war es ihr Wunsch, in St. Pantaleon bestattet zu werden. Die Vermutung ist nicht abwegig, dass die letzte Ruhestätte Bruns in St. Pantaleon, dem die Kaiserin nicht zuletzt ihre Position im Reich verdankte, den Ausschlag für die Wahl des Grabes gegeben hat; überdies erinnerte der Hauptpatron Pantaleon (= Panteleimon) an die Heimat ihrer Kindheit. Kaiser Ottos I. Witwe Adelheid überlebte ihre 991 in Nimwegen gestorbene Schwiegertochter. In unversöhnlicher Abneigung unterband sie am Grab ihrer Schwiegertochter jedes ehrende Totengedenken. Ein Gedächtnis fand fortan nur am Festtag des hl. Albinus statt. Möglicherweise hat dies zur Verdunkelung der Erinnerung an ein klösterliches Beziehungsgeflecht beigetragen, dessen wichtiger Knotenpunkt St. Pantaleon bis ins 11. Jahrhundert gewesen ist.
Der Kölner Erzbischof Folkmar hatte 966 einen Neubau der Klosterkirche begonnen, der 980 eingeweiht werden konnte. 1019/21 bis 1042 leitete ein Elias das Kloster, der gleichzeitig auch Abt von Groß-St. Martin war. Es war die Zeit, da der Kölner Erzbischof Everger die Abtei Groß-St. Martin zur schottischen Observanz gezwungen hatte, von wo aus auch St. Pantaleon zu dieser Observanz veranlaßt wurde. Wie dort setzte Erzbischof Anno II. 1074 auch den Anschluß St. Pantaleons an die Siegburger Benediktinerreform durch. Schon 996 hatte der erste Abt von St. Pantaleon, Christian (964-1001), Mönche nach St. Michael in Hildesheim entsenden können. Wiederum in einer Phase erneuter Blütezeit wurde der St. Pantaleon beigeordnete Benediktinerinnenkonvent 1136 nach Königsdorf ausquartiert.
Als Vögte sind zeitweise die Grafen von Berg und die Grafen von Kessel belegt. Um die Mitte des 12. Jahrhunderts zählte die Abtei Besitzungen rundum in der näheren Umgebung von Köln, im Niederrheingebiet sowie Weingüter an Rhein, Mosel und Ahr. Das Patronatsrecht übte sie aus über die Kirchen in Elsdorf, Embt, Süchteln, Pingsdorf, Langel und die Mauritiuskirche in Köln, deren Benediktinerinnen in geistlichen Dingen dem Abt unterstellt waren. (Engels 2006)
Gegründet um 957 (Benediktiner), aufgehoben 1802 (Bönnen / Hirschmann 2006)
Bei einer Bauuntersuchung durch das LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland wurde 2021 im Gewölbe der Marienkapelle am Westbau der Kirche St. Pantaleon ein über 1000 Jahre altes Bauholz entdeckt. Bislang galt das Gewölbe als nachträglich eingezogen und wurde von der Forschung auf das 11. Jahrhundert datiert. Der Fund bestätigte, dass das Gewölbe bereits zwischen den Jahren 892 und 992 gebaut worden war und weist es als außergewöhnliches Werk der ottonischen Baukunst des 10. Jahrhunderts aus.
(LVR-Redaktion KuLaDig, 2011/2021)
Internet
www.rheinische-geschichte.lvr.de: Siegburger Reform (abgerufen 02.01.2017)
www.instagram.com: #LVRKultur / LVR-Kulturdezernat (Beitrag vom 23.08.2021, abgerufen 24.08.2021)
Orden: Benediktinerabtei (Männerkloster).
Geschichte (Gründung und Entwicklung bis um 1200):
Die Kirche südlich vor der Stadt findet sich erstmals im Privileg König Lothars II. von 866 unter den vom Kölner Erzbischof abhängigen Stiften und Kirchen genannt. Erzbischof Brun schloss ihr ein vor 964 von ihm gegründetes Kloster an und besiedelte es mit Mönchen aus St. Maximin in Trier.
Damit war eine Orientierung an der gorzisch-lothringischen Benediktinerobservanz vorgegeben. 964 privilegierte er das Kloster mit der geistlichen und weltlichen Immunität.
Das Patrozinium Pantaleon bezog sich auf den um 305 in Nikomedien ermordeten Märtyrer, der im Abendland zu den 14 Nothelfern gezählt wurde. 955 hatte Abt Hadamar von Fulda Reliquien des Heiligen aus Rom besorgt, die angeblich 971 durch den Kölner Erzbischof Gero um weitere Reliquien Pantaleons ergänzt wurden. 1208 schenkte Heinrich von Ulmen das von ihm aus dem Vorderen Orient mitgebrachte Haupt dem Kloster. Wohl nicht zufällig sollen auch die aus Kilikien stammenden Mitpatrone Cosmas und Damian Ärzte gewesen sein, da Brun seine Gründung von Anfang an mit einem Hospital verbunden hatte. Erzbischof Brun war zeitweise Kommendatarabt des Klosters Lorsch gewesen, wo er auf die Reliquien des (wahrscheinlich) Bischofs Quirinus von Siscia aufmerksam geworden war; diesen Heiligen bestimmte er zum dritten Patron von St. Pantaleon. Obwohl die Gebeine der heiligen Marinus und Albinus nicht zu den Patronen zählten, wurden sie als vornehmster Reliquienschatz betrachtet; den Marinus hatte man 966 beim Bau der Kirche aufgefunden, Albinus hingegen war ein Geschenk der Kaiserin Theophanu.
Dem etwas komplizierten Patrozinium Aufmerksamkeit zu schenken, lohnt sich, weil es einiges Licht auf den Hintergrund dieser Klostergründung wirft. Alle genannten Namen nämlich weisen auf den byzantinischen Machtbereich hin. Brun war bekanntlich ein Sohn König Heinrichs I. und damit ein Bruder Ottos des Großen. Nach dessen glorreichem Sieg über die Ungarn und seiner Kaiserkrönung schien ein Ausgleich mit der byzantinischen Herrschaft dringlich, weswegen eine Heirat des Kaisersohnes, Ottos II., mit einer Tochter des Basileus in Konstantinopel in die Wege geleitet wurde. Der westliche Kaiserhof erwiderte 967 eine östliche Gesandtschaft, eine Kontaktaufnahme war also längst im Gange. So scheint die Annahme nicht fehl zu gehen, dass dem neuen Kloster der symbolische Anstrich eines Willkommensgrußes für die künftige Braut gegeben werden sollte. Die Verifizierung der Reliquien dürfte infolgedessen von einem Wunschdenken geleitet gewesen sein, zumal das Westreich keine Hauptstadt kannte und Brun als „tutor et provisor“ im Westen des Reiches eine starke Stellung hatte, eignete sich Köln als gegenständlicher Ausdruck der erhofften engen Beziehung zwischen den beiden Herrscherhäusern.
Über die Heirat Theophanus, einer Nichte des Basileus, mit Otto II. im Jahre 972 hinaus hatte die Patrozinienwahl ungewöhnliche Nachwirkungen. Die Nebenpatrone des Pantaleonklosters Cosmas und Damian sind schon seit etwa der Mitte des 9. Jahrhunderts als Hauptpatrone des Essener Frauenklosters belegt; folglich war es wohl Erzbischof Brun, der von Essen aus die Anregung für die Namenswahl seiner Kölner Gründung empfing. Im Essener Kloster pflegte seit dem letzten Drittel des 10. Jahrhunderts am Vigiltag des Lichtmeßfestes eine griechische Liturgie gefeiert zu werden, zweifellos deshalb an diesem Tag, weil am Lichtmeßtag, dem 2. Februar 962, die Kaiserkrönung Ottos I. stattgefunden hatte.
In Essen ist seit dem Ende des 10. Jahrhunderts auch Quirinus als Nebenpatron bezeugt. Eine Art west-östlicher Symbiose wird hier ebenfalls sichtbar. Deshalb überrascht auch nicht die Beobachtung, dass die Damenstifte Essen, Gerresheim und Neuss im Mittelalter in etwa die gleiche Liturgie befolgten. Damit rücken die Töchter Theophanus ins Blickfeld. Die dritte Tochter Mathilde wuchs in der Obhut ihrer gleichnamigen Tante auf, die als Äbtissin das Essener Kloster leitete. Später heiratete sie den rheinischen Pfalzgrafen Ezzo und setzte in ihren Nachkommen die Erinnerung an Theophanu fort. Es ist gewiss kein Zufall, dass der Gründungsakt des ezzonischen Hausklosters Brauweiler am 14. April des Jahres 1024 erfolgte; denn am 14. April des Jahres 972 war Theophanu in Rom zusammen mit ihrem frisch angetrauten Gatten zur Kaiserin gekrönt worden. Heilwig, ebenfalls eine Tochter Theophanus, war Äbtissin des damaligen Benediktinnerinnenklosters Neuss, das sich gegen Ende des 10. Jahrhunderts für den hl. Quirinus als Hauptpatron entschied. Obwohl sich Theophanu zeitlebens nur wenige Male in Köln aufgehalten hatte, war es ihr Wunsch, in St. Pantaleon bestattet zu werden. Die Vermutung ist nicht abwegig, dass die letzte Ruhestätte Bruns in St. Pantaleon, dem die Kaiserin nicht zuletzt ihre Position im Reich verdankte, den Ausschlag für die Wahl des Grabes gegeben hat; überdies erinnerte der Hauptpatron Pantaleon (= Panteleimon) an die Heimat ihrer Kindheit. Kaiser Ottos I. Witwe Adelheid überlebte ihre 991 in Nimwegen gestorbene Schwiegertochter. In unversöhnlicher Abneigung unterband sie am Grab ihrer Schwiegertochter jedes ehrende Totengedenken. Ein Gedächtnis fand fortan nur am Festtag des hl. Albinus statt. Möglicherweise hat dies zur Verdunkelung der Erinnerung an ein klösterliches Beziehungsgeflecht beigetragen, dessen wichtiger Knotenpunkt St. Pantaleon bis ins 11. Jahrhundert gewesen ist.
Der Kölner Erzbischof Folkmar hatte 966 einen Neubau der Klosterkirche begonnen, der 980 eingeweiht werden konnte. 1019/21 bis 1042 leitete ein Elias das Kloster, der gleichzeitig auch Abt von Groß-St. Martin war. Es war die Zeit, da der Kölner Erzbischof Everger die Abtei Groß-St. Martin zur schottischen Observanz gezwungen hatte, von wo aus auch St. Pantaleon zu dieser Observanz veranlaßt wurde. Wie dort setzte Erzbischof Anno II. 1074 auch den Anschluß St. Pantaleons an die Siegburger Benediktinerreform durch. Schon 996 hatte der erste Abt von St. Pantaleon, Christian (964-1001), Mönche nach St. Michael in Hildesheim entsenden können. Wiederum in einer Phase erneuter Blütezeit wurde der St. Pantaleon beigeordnete Benediktinerinnenkonvent 1136 nach Königsdorf ausquartiert.
Als Vögte sind zeitweise die Grafen von Berg und die Grafen von Kessel belegt. Um die Mitte des 12. Jahrhunderts zählte die Abtei Besitzungen rundum in der näheren Umgebung von Köln, im Niederrheingebiet sowie Weingüter an Rhein, Mosel und Ahr. Das Patronatsrecht übte sie aus über die Kirchen in Elsdorf, Embt, Süchteln, Pingsdorf, Langel und die Mauritiuskirche in Köln, deren Benediktinerinnen in geistlichen Dingen dem Abt unterstellt waren. (Engels 2006)
Gegründet um 957 (Benediktiner), aufgehoben 1802 (Bönnen / Hirschmann 2006)
Bei einer Bauuntersuchung durch das LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland wurde 2021 im Gewölbe der Marienkapelle am Westbau der Kirche St. Pantaleon ein über 1000 Jahre altes Bauholz entdeckt. Bislang galt das Gewölbe als nachträglich eingezogen und wurde von der Forschung auf das 11. Jahrhundert datiert. Der Fund bestätigte, dass das Gewölbe bereits zwischen den Jahren 892 und 992 gebaut worden war und weist es als außergewöhnliches Werk der ottonischen Baukunst des 10. Jahrhunderts aus.
(LVR-Redaktion KuLaDig, 2011/2021)
Internet
www.rheinische-geschichte.lvr.de: Siegburger Reform (abgerufen 02.01.2017)
www.instagram.com: #LVRKultur / LVR-Kulturdezernat (Beitrag vom 23.08.2021, abgerufen 24.08.2021)