Von der Kaiserzeit zur Weimarer Republik in Bayenthal und Marienburg
Festung, Villa, Arbeitersiedlung
Eine Entdeckung von Katharina Grünwald und Antonia Frinken
Was ihr entdecken könnt
In den schicken Vierteln Bayenthal und Marienburg im Kölner Süden könnt ihr auf einem ausgedehnten Spaziergang oder einer gemütlichen Radtour Spuren aus der Kaiserzeit und der Weimarer Republik entdecken. Hier lässt sich nachvollziehen, wie Köln zum Ende des 19. Jahrhunderts im wahrsten Sinne des Wortes über die ursprünglichen Stadtgrenzen hinauswuchs.
Die neuen Stadtviertel im Süden - Bayenthal und Marienburg - boten somit einerseits den Wohlhabenden eine Möglichkeit, aus der zunehmend beengten Innenstadt in schmucke Stadthäuser mit weiträumigen Parkanlagen zu ziehen. Andererseits stand hier der Platz zur Verfügung, um Arbeiter*innen und ihren Familien größere, besser ausgestattete und hygienischere Wohnungen zur Verfügung zu stellen. Ein ganz besonderes Beispiel ist die Arbeitersiedlung Wilhelmsruh, die teilweise erhalten ist und entlang der Route entdeckt werden kann. Mitarbeitende der Zuckerfabriken am Holzmarkt und in der Machabäerstraße fanden hier günstigen Wohnraum und die Möglichkeit, sich über die dazugehörigen Nutzgärten selbst zu versorgen. Finanziert wurde die Anlage aus einer Stiftung von Professor Doktor Gerhard vom Rath (1830-1888), der Mitarbeiter des Rheinischen Actienvereins für Zuckerfabrication war. Stallungen, Keller und Speicher gehörten ebenso zu den Vier-Zimmer-Wohnungen.
Die beiden imposanten Stadthäuser in dieser Entdeckung gehörten jüdischen Unternehmer*innenfamilien. Das Palais du Rhin genannte Gebäude am Rheinufer wird heute gewerblich genutzt. Erbaut wurde es ursprünglich für Emil Freiherr von Oppenheim, Sohn Albert von Oppenheims und Urenkel Salomon Oppenheims. Letzterer war 1798 mit seinem Kommissions- und Wechselhaus von Bonn nach Köln übergesiedelt und hatte das Unternehmen zu einer der größten Privatbanken der Zeit ausgebaut. Die Familie Oppenheim etablierte sich in Köln und förderte sowohl den Bau der ersten linksrheinischen Kölner Synagoge seit 1424 in der Glockengasse als auch die Fertigstellung des Kölner Doms. In der NS-Zeit musste die Familie ihre Anteile an der eigenen Privatbank zwangsweise an einen nicht-jüdischen Treuhänder übereignen, der die Bank bis 1945 unter seinem eigenen Namen weiterführte.
Das als Villa Rollmann bezeichnete Stadthaus wurde vom Schuhfabrikanten Hans Rollmann, seiner Ehefrau Marie und den drei Söhnen bewohnt. Die Familie wurde in der NS-Zeit vollständig enteignet. Hans und Marie Rollmann flohen in die Schweiz und emigrierten von dort später über Belgien nach Frankreich, wo sie sich im Mai 1940 das Leben nahmen. Die drei Söhne überlebten im amerikanischen Exil und gründeten in ihrer neuen Heimat ebenfalls eine Schuhfabrik.
Fact: Der Bismarckturm steht seit dem 1. Juli 1980 mitsamt der Grünanlage von Fritz Encke unter Denkmalschutz der Stadt Köln.
Praktische Informationen
Hinweise für Fahrradfahrende: Auf dem Weg vom Bayenturm zum Palais du Rhin fahrt ihr direkt hinter der Haltestelle Schönhauser Straße links über die Schienen und solltet dann unmittelbar danach den rechten, oberhalb des Flussufers entlangführenden Radweg nehmen. Er führt euch auf der linken Seite der Schienen weiter Richtung Süden. Auf der Höhe der Tacitusstraße könnt ihr vor dem Palais du Rhin vom Fahrradweg aus die viel befahrene Straße Gustav-Heinemann-Ufer überqueren. Von dort aus schiebt ihr euer Fahrrad am besten auf dem Gehweg weiter Richtung Süden, dann kommt ihr innerhalb von circa fünf Minuten zum Palais du Rhin und wenig später auch zum Bismarckturm. Ansonsten könnt ihr dem Radweg entlang des Rheinufers auch bis zur Haltestelle Bayenthalgürtel direkt am Bismarckturm folgen und dort die Straße Oberländer Ufer queren. Um das Palais zu Rhin ebenfalls zu sehen, müsstet ihr dann allerdings auf der anderen Straßenseite ein kurzes Stück zurück nach Norden gehen.
In jedem Fall könnt ihr hinter dem Bismarckturm wieder aufsteigen und eure Entdeckung sicher in den weniger befahrenen Straßen fortsetzen. Passt auf der gesamten Strecke auf euch und Andere auf und haltet euch an die Straßenverkehrsordnung.
Im Zwischenwerk VIIIb ist das Kölner Festungsmuseum des Vereins CRIFA (Cologne Research Institute of Fortification Architecture) untergebracht, das sich teils noch im Aufbau befindet (Stand Januar 2025). Hier kommt ihr zum Internetauftritt und Führungsangebot, das euch weitere Einblicke in die preußische Befestigungsanlage bietet. Ansonsten könnt ihr euch hier den Skulpturengarten anschauen.
Bitte beachtet, dass sich einige der Grundstücke in Privatbesitz befinden und daher nicht betreten werden sollten. Die Gebäude könnt ihr euch aber auch sehr gut von der Straße aus anschauen.
Falls euch die Entdeckung zu Fuß mehr Spaß macht, eignet sich die Haltestelle Ubierring nahe des Bayenturms als Ausgangspunkt. Besonders im Viertel Marienburg gibt es praktisch keine Gastronomie. Kurz vor der Villa Rollmann kommt ihr an einem Büdchen vorbei, wo ihr Snacks und Getränke kaufen und auch sitzen könnt. Hier gibt es allerdings keine Toilette! Am Ende der Route findet ihr dann auch wieder Restaurants. Von der Haltestelle Cäsarstraße nahe der Arbeitersiedlung Wilhelmsruh fahren Busse in die Innenstadt zurück.
Südlich des Äußeren Grüngürtels könnt ihr eure Erkundung im alten Stadtkern von Rodenkirchen fortsetzen. Hier findet ihr rund um die ehemalige Pfarrkirche Alt Sankt Maternus einige sehr alte, unter Denkmalschutz stehende Häuser sowie zu Restaurants umgebaute Hausboote. Nicht umsonst wird Rodenkirchen auch als Kölsche Riviera bezeichnet!
Hat euch diese Entdeckung gefallen? Mehr historische Infos gibt es hier: Portal Rheinische Geschichte: 1871 bis 1918 - Das Rheinland im Kaiserreich
Inklusive Informationen:
Die Entdeckung führt an einigen viel befahrenen Straßen entlang beziehungsweise vorbei. Hier kann es laut werden. Falls ihr Gehörschutz benötigt, empfehlen wir euch, die Entdeckung als Spaziergang zu gestalten, damit ihr sicher bleibt.
Habt ihr weitere Informationen für uns oder habt ihr Fragen, dann meldet euch gerne unter clickrhein@lvr.de. Vielen Dank für's Mitmachen!