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Gaststätte Lommerzheim in Deutz
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Die „kölscheste aller Kölschkneipen“ erlangte ihren Kultstatus vor allem durch den Wirt Hans Lommerzheim, der das Lokal von 1959 bis 2004 betrieb. Generaldirektor und Arbeitsloser waren hier gleich wichtig – einzig US-Präsident Bill Clinton fand in der 2008 wiedereröffneten Kneipe keinen Platz...
Die Gaststätte Lommerzheim – meist nur kurz „Lommi“ genannt – erlangte ihren Kultstatus vor allem durch ihren langjährigen Wirt Hans Lommerzheim, der das Lokal in den Jahren von 1959 bis 2004 auf eine ihm eigene Art betrieb, die ihn zu einem Deutzer Original werden ließ. Ihren besonderen Ruf verdankte die Kneipe aber auch ihrem äußeren und inneren Anschein: ein vermeintlich verwahrlostes, wenn nicht sogar baufälliges Gebäude, das offenbar nie renoviert oder verändert wurde.
Nach zwischenzeitlicher Schließung wurde die Gaststätte behutsam renoviert und erweitert. 2008 erfolgte die Wiedereröffnung der vermeintlich „kölschesten aller Kölschkneipen“, deren Wahrnehmung als „Kult-Kneipe“ bis in die Gegenwart anhält.
Das „Lommi“ unter Hans Lommerzheim 1959-2004
Die Entstehung des Kultes und Gründe
Schließung 2004 und Wiedereröffnung 2008
Verein, Denkmal, Straße und Lied – Gedenken an Hans Lommerzheim
Quellen, Internet, Literatur
Das „Lommi“ unter Hans Lommerzheim 1959-2004
Das Haus in der Siegesstraße wurde vermutlich Anfang des 20. Jahrhunderts erbaut:
„Ein Bild von 1924 zeigt das Haus noch mit Dachstuhl, dieser wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. 1945 kauften Hans Lommerzheims Eltern das kriegsbeschädigte Gebäude und betrieben seitdem die Gastwirtschaft.“ (Knöchel 2016, S. 17)
Im Jahr 1959 übernahm Hans Lommerzheim (*17. September 1930, †28. Juni 2005) das Lokal zusammen mit seiner Frau Annemie (1932-2016). „Lommi“ – so sein Spitzname – war zuvor Köbes (Brauhaus-Kellner) im Kölner Brauhaus Päffgen, von welchem er die eigentlich unübliche Erlaubnis erhielt, dieses Kölsch auch außerhalb des Brauhauses auszuschenken.
Das hinter dem Finanzamt Köln-Ost, der Deutzer Jugendherberge und dem LVR-Haus gelegene Gaststättengebäude selbst besitzt, anders als die benachbarten Häuser, keinen Dachstuhl, da das zweite Obergeschoss in den 1950er-Jahren kriegsbedingt abgetragen werden musste.
Die linke Gebäudewand zeigt sich seit dem 2006/2007 im Zuge der Renovierung erfolgten Abriss des Nachbargebäudes (Kölnische Rundschau 2007) als unverputzte Ziegelwand, neben der ein kleiner Biergarten eingerichtet wurde. Zur Straße hin befindet sich links ein Eingang in den hinteren Gebäudebereich und das Treppenhaus. Die rechts davon gelegene, beiderseits durch ein großes Holzsprossenfenster gerahmte Eingangstür führt in das Lokal, über ihr befindet sich eine Inschrift „Gaststätte“ aus Blechbuchstaben. Das Obergeschoss besitzt vier Fensterachsen, darüber eine (ehemals elektrisch beleuchtete) verwitterte Werbeinschrift für „Dortmunder Actien-Bier“. Diese auch auf der Leuchtreklame über dem Eingang beworbene Biersorte der Dortmunder Actien-Brauerei (DAB) wurde wohl vor 1959 unter Lommerzheims Eltern ausgeschenkt.
Der teils mit Holz vertäfelte, teils tapezierte Schankraum ist etwa 50 Quadratmeter groß.
„Die Inneneinrichtung bis 2004 entsprach weitgehend derjenigen bei Eröffnung der Gaststätte. Allerdings wurden über die Jahre punktuell Schäden behoben, defekte Möbelstücke ausgetauscht, kleinere Renovierungsarbeiten durchgeführt sowie Andenken hinzugefügt. … Es gab wenige einfache Tische und einige Plätze an der Theke. Bis zur Schließung durch den Wirt existierten weder Zapfanlage, Registrierkasse, Fernseher, Zigarettenautomat noch eine Musikanlage.“ (de.wikipedia.org)
„Über die Kneipe wachte als eine Art Hausheiliger eine Figur des legendären Königs Gambrinus, der als Erfinder des Bierbrauens gilt. Nach einen Zwischenaufenthalt im Päffgen-Stammhaus hat er pünktlich zur Wiedereröffnung 2008 an seinen angestammten Platz an der Theke zurückgefunden.“ (Knöchel 2016, S. 20)
Wie seinerzeit häufig noch üblich, lagen die Toiletten im Bereich des Hinterhofs – bei den Herren war allerdings meist nur von einer „Pissrinne“ die Rede. In einem benachbarten Schuppen wurden die 30-Liter-Holzfässer mit Kölsch gelagert und von dort in das Lokal gerollt.
Die Entstehung des Kultes und Gründe
Das Lommerzheim war im Grunde ein „gewöhnliches, 'gut laufendes' Gasthaus mit 'bürgerlich-anständigem' Konzept“. Die Getränke- und Speisekarte wies keine besonderen Unterschiede zu anderen Kölner Gaststätten auf – ebenso wenig das Publikum, welches sich aus der üblichen Mischung von Deutzern und Kölner Stammgästen, Touristen und Messegästen sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der benachbarten Verwaltungen (Lufthansa, LVR, Finanzamt, Ford-Zentrale etc.) zusammensetzte.
„Tischreservierungen gab es nicht. Annemie Lommerzheim zapfte, während ihr Mann servierte. … Der Wirt nahm beim Bier keine Bestellungen an, sondern brachte es dorthin, wo es benötigt wurde.“ (de.wikipedia.org).
„Das Angebot an Getränken war für Kölschkneipen typisch und damit eher knapp: Neben Päffgen-Kölsch gab es noch Cola, Limonade, Mineralwasser und diverse Spirituosen – aber ausdrücklich keinen Kaffee oder Tee. Dass der Wirt keine Kölsch-Bestellungen annahm, sondern das Bier regelmäßig dorthin brachte, wo es benötigt wurde, wird in Sachen Lommerzheim gerne als Besonderheit berichtet, ist aber für Kölner Gaststätten nicht gerade unüblich.
Die Speisekarte – eine solche gab es in Papierform allerdings nicht – war ebenso einfach wie überschaubar: Halver Hahn (Roggenbrötchen mit altem Holländerkäse), Flönz (geräucherte Blutwurst mit Zwiebeln, auch als Kölscher Kaviar bekannt), Bratwurst, Knoblauchwurst, ferner an Donnerstagen Hämmchen (kölsches Eisbein) und in der Anfangszeit noch Muscheln rheinischer Art sowie an Aschermittwoch Fisch.
Besonders bekannt und berühmt aber waren die von Gästen gerne scherzhaft als 'Kotelett komplett' bezeichneten, unglaublich dicken Lenden- oder Lummerkoteletts, welche in riesigen Pfannen 'jaaanz langsam' außen knusprig und innen saftig gebraten wurden. Der Preis für ein solches Kotelett mit Zwiebeln und Pommes frites betrug im April 1997 ganze 11 DM.“ (Knöchel 2016, S. 19-20)
Die spezifische Besonderheit, die zudem auch erst ab den 1980er-Jahren eine zunehmende Wahrnehmung als Kult-Kneipe förderte, ist zum einen in der quasi-Unveränderlichkeit des Lokals begründet, das für seine Gäste als eine Art „Insel im Zeitenwandel“ (Mahlke u.a. 2003) fungierte, die die Unterschiede zwischen den 1950er Jahren und der Jetztzeit aufzeigte, lag zum anderen aber zweifelsohne auch an der Person des Wirtes Hans Lommerzheim.
Der – wie in ähnlichen Fällen sicher häufig auch nostalgisch-verklärenden – Erinnerung von Zeitzeugen nach betrieb der als gleichermaßen wortkarg wie schlagfertig und herzlich beschriebene Lommerzheim „seine Gaststätte nicht als Gelderwerb, sondern als Dienst an seinen Gästen. Seine Arbeit war nicht Beruf, sondern Berufung. Jeder war bei 'Lommi' gleich wichtig, Generaldirektor, Arbeitsloser, Student, Rentner.“ (Zitat aus der Trauerrede, www.lommi-brunnen.de).
Zahlreiche Sprüche und Anekdoten des Kölschen Originals sind überliefert, die erahnen lassen, wie Hans Lommerzheim sich mit seiner „sozialen Begegnungsstätte“ verdient gemacht hat und das „Lommi“ zum Ursprungsort von zahlreichen Freundschaften und länger währenden Verbindungen wurde.
Eine besondere Episode ereignete sich 1999 anlässlich des Weltwirtschaftsgipfels in Köln:
Der damalige US-Präsident William Jefferson „Bill“ Clinton (*1946, Präsident der Vereinigten Staaten 1993-2001) wollte „eine authentische Kölschkneipe besuchen“ und sein Stab fragte deswegen bei Lommerzheim an. Als diesem klar wurde, dass er die Gaststätte wegen des hohen Besuchs aus Sicherheitsgründen für seine Stammgäste schließen müsste, sagte er mit einem deutlichen „Nä, dat geiht nit!“ der Entourage des Präsidenten ab – und Bill Clinton musste in das Brauhaus Malzmühle am Kölner Heumarkt ausweichen (Kölnische Rundschau 2004 u. Bergrath u. Werker 2016, S. 22).
Schließung 2004 und Wiedereröffnung 2008
Zu Silvester 2004 schloss Lommerzheim die Gaststätte aus gesundheitlichen Gründen. Da sich ein weiterer Betrieb des Lokals durch einen Nachfolgepächter nicht abzeichnete, bot das Rheinische Freilichtmuseum (heute LVR-Freilichtmuseum Kommern) an, das gesamte Gebäude über mehr als 50 Kilometer auf sein Museumsgelände bei Mechernich zu überführen (Bergrath u. Werker 2016, S. 86-89), während das Kölner Stadtmuseum Interesse an dem Inventar zeigte, welches ausgebaut und konserviert werden sollte. Lommerzheim schlug diese Angebote jedoch alle aus. Einzig der abgenagte Knochen des letzten je von ihm servierten Koteletts fand seinen Weg ins Stadtmuseum. Ein Stammgast hatte diesen samt Teller, Besteck und Senftöpfchen stibitzt und damit der Nachwelt erhalten (ebd., S. 90-91).
Nur ein halbes Jahr nach der Schließung seiner Kneipe verstarb der Wirt während eines Urlaubs in Südtirol.
Nun erwarb die Kölner Päffgen-Brauerei das Haus von Lommerzheims Witwe und begann mit der Renovierung der historischen Gaststätte. Obgleich ein (zwingend notwendiger) Neu- bzw. Umbau der Küche und der sanitären Einrichtungen erfolgte, ferner eine Erweiterung in Form eines Gewölbekellers und eines Biergartens, gelang es, die ursprüngliche Atmosphäre des „Lommi“ nicht wesentlich zu verändern.
Am 13. März 2008 erfolgte die Wiedereröffnung unter neuem Besitzer und neuem Wirt in Anwesenheit von Annemie Lommerzheim. In alter Tradition wurde dabei das erste Fass Kölsch mit dem Fahrrad vom Brauhaus zur Kneipe transportiert.
Seitdem ist die über Jahrzehnte etablierte Szenerie wieder zu beobachten, dass sich schon deutlich vor den ausgehangenen Zeiten eine ungeduldige Menschenmenge auf der Siegesstraße einfindet, die mehr oder weniger durstig auf die Öffnung des Lokals wartet. Und selbstverständlich enthält die Speisekarte auch heute noch die traditionellen „Lommi“-Speisen wie Knoblauchwurst, „Hämmchen“ (kölsches Eisbein) und vor allem die berühmten und unglaublich dicken Koteletts.
Verein, Denkmal, Straße und Lied – Gedenken an Hans Lommerzheim
Bereits ein halbes Jahr nach dem Tod des Gastwirts gründete sich der Verein „... ein Denkmal für Lommi! e.V.“, die Gründungsversammlung fand am 22. Juli 2005 statt. Der Verein initiierte in der „Kölner Tradition, dass die Bürger selbst, nicht die Stadt (!), ihren verdienten Mitbürgern ein Denkmal setzen“ die Errichtung eines Denkmals für Lommerzheim. Am 10. Mai 2009 wurde im Biergarten der Gaststätte eine Bronzeplastik in Form eines Brunnens mit dem Porträt des Wirts enthüllt, die ihn beim Bierzapfen darstellt – der „Lommi-Brunnen“. Aus einem Fass sprudelt seitdem regelmäßig Wasser (leider kein Kölsch…) in den Kranz Kölschgläser in Lommerzheims Hand.
Am 19. September 2010 wurde der bisher namenlose Fußweg zwischen der Siegesstraße und dem Ottoplatz am Deutzer Bahnhof in einer kleinen Feierstunde „Hans-Lommerzheim-Weg“ benannt. Neben dem Verein hatten sich auch zahlreiche ehemalige Gäste und Deutzer Bürger für die Namensgebung eingesetzt. Lommerzheim habe sich als Köbes und Wirt einen besonderen Namen gemacht und die kölsche Kneipenkultur nachhaltig geprägt. Der Keyboarder der Kölner Band Brings, Kai Engel (*1971), führte anlässlich der Benennung das von ihm komponierte „Lommerzheim-Lied“ auf. Ein weiteres Lied mit Lommi-Bezug erschien 2015 mit „Sulang die Leechter noch brenne“ von der Kölner Band Miljö.
Das Straßenschild trägt in Frakturschrift den Namen und die Lebensdaten des Gastwirts. „Sein“ Weg führt – wenn man denn möchte – unmittelbar zur Gaststätte Lommerzheim.
(Franz-Josef Knöchel, LVR-Redaktion KuLaDig, 2012/2023)
Die Gaststätte Lommerzheim in Deutz war KuLaDig-Objekt des Monats im August 2016.
Quellen
Internet
koelnerleben-magazin.de: „Schon gewusst, … dass Hans Lommerzheim im ‚Lommi‘ keinen Platz für US-Präsident Bill Clinton hatte?“ (Stadtmagazin KölnerLeben 5/2019, S. 58, abgerufen 26.09.2019)
www.koeln-lotse.de: Der Lommi – die „Kölscheste aller Kölsch-Kneipen“ (Uli, der Köln-Lotse vom 03.11.2018, abgerufen 26.09.2019)
koelnding.podigee.io: Lommi - die kölscheste aller Kölsch Kneipen (Uli, der Köln-Lotse, Podcast vom 11.08.2023, abgerufen 14.08.2023)
www.koelner-brauerei-verband.de: Brauerei Päffgen GmbH & Co. KG (abgerufen 16.10.2015)
www.express.de: Trauer um kölsche Kult-Wirtin, Annemie Lommerzheim im Alter von 84 Jahren gestorben (Express Köln vom 25.05.2016, abgerufen 27.05.2016)
de.wikipedia.org: Lommerzheim (abgerufen 06.09.2012)
youtube.com: In der Gaststätte Lommerzheim aufgezeichnetes Musikvideo „Su lang (beim Lommi) die Leechter noch brenne“ von Miljö (abgerufen 01.08.2016)
www.koeln.de: „Nach Kult-Wirt ‚Lommi‘ wird ein Weg benannt“ (17.10.2010, abgerufen 06.09.2012, Inhalt nicht mehr verfügbar 13.03.2023)
www.koelner-brauerei-verband.de: Pressespiegel (abgerufen 06.09.2012, Inhalt nicht mehr verfügbar 16.10.2015)
www.lommi-brunnen.de: Verein „... ein Denkmal für Lommi! e.V.“ (abgerufen 06.09.2012, Inhalt nicht mehr verfügbar 27.07.2016)
www.giselmut.de: „der lommerzheim-kult“ (abgerufen 06.09.2012, Inhalt nicht mehr verfügbar 10.03.2022)
Nach zwischenzeitlicher Schließung wurde die Gaststätte behutsam renoviert und erweitert. 2008 erfolgte die Wiedereröffnung der vermeintlich „kölschesten aller Kölschkneipen“, deren Wahrnehmung als „Kult-Kneipe“ bis in die Gegenwart anhält.
Das „Lommi“ unter Hans Lommerzheim 1959-2004
Die Entstehung des Kultes und Gründe
Schließung 2004 und Wiedereröffnung 2008
Verein, Denkmal, Straße und Lied – Gedenken an Hans Lommerzheim
Quellen, Internet, Literatur
Das „Lommi“ unter Hans Lommerzheim 1959-2004
Das Haus in der Siegesstraße wurde vermutlich Anfang des 20. Jahrhunderts erbaut:
„Ein Bild von 1924 zeigt das Haus noch mit Dachstuhl, dieser wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. 1945 kauften Hans Lommerzheims Eltern das kriegsbeschädigte Gebäude und betrieben seitdem die Gastwirtschaft.“ (Knöchel 2016, S. 17)
Im Jahr 1959 übernahm Hans Lommerzheim (*17. September 1930, †28. Juni 2005) das Lokal zusammen mit seiner Frau Annemie (1932-2016). „Lommi“ – so sein Spitzname – war zuvor Köbes (Brauhaus-Kellner) im Kölner Brauhaus Päffgen, von welchem er die eigentlich unübliche Erlaubnis erhielt, dieses Kölsch auch außerhalb des Brauhauses auszuschenken.
Das hinter dem Finanzamt Köln-Ost, der Deutzer Jugendherberge und dem LVR-Haus gelegene Gaststättengebäude selbst besitzt, anders als die benachbarten Häuser, keinen Dachstuhl, da das zweite Obergeschoss in den 1950er-Jahren kriegsbedingt abgetragen werden musste.
Die linke Gebäudewand zeigt sich seit dem 2006/2007 im Zuge der Renovierung erfolgten Abriss des Nachbargebäudes (Kölnische Rundschau 2007) als unverputzte Ziegelwand, neben der ein kleiner Biergarten eingerichtet wurde. Zur Straße hin befindet sich links ein Eingang in den hinteren Gebäudebereich und das Treppenhaus. Die rechts davon gelegene, beiderseits durch ein großes Holzsprossenfenster gerahmte Eingangstür führt in das Lokal, über ihr befindet sich eine Inschrift „Gaststätte“ aus Blechbuchstaben. Das Obergeschoss besitzt vier Fensterachsen, darüber eine (ehemals elektrisch beleuchtete) verwitterte Werbeinschrift für „Dortmunder Actien-Bier“. Diese auch auf der Leuchtreklame über dem Eingang beworbene Biersorte der Dortmunder Actien-Brauerei (DAB) wurde wohl vor 1959 unter Lommerzheims Eltern ausgeschenkt.
Der teils mit Holz vertäfelte, teils tapezierte Schankraum ist etwa 50 Quadratmeter groß.
„Die Inneneinrichtung bis 2004 entsprach weitgehend derjenigen bei Eröffnung der Gaststätte. Allerdings wurden über die Jahre punktuell Schäden behoben, defekte Möbelstücke ausgetauscht, kleinere Renovierungsarbeiten durchgeführt sowie Andenken hinzugefügt. … Es gab wenige einfache Tische und einige Plätze an der Theke. Bis zur Schließung durch den Wirt existierten weder Zapfanlage, Registrierkasse, Fernseher, Zigarettenautomat noch eine Musikanlage.“ (de.wikipedia.org)
„Über die Kneipe wachte als eine Art Hausheiliger eine Figur des legendären Königs Gambrinus, der als Erfinder des Bierbrauens gilt. Nach einen Zwischenaufenthalt im Päffgen-Stammhaus hat er pünktlich zur Wiedereröffnung 2008 an seinen angestammten Platz an der Theke zurückgefunden.“ (Knöchel 2016, S. 20)
Wie seinerzeit häufig noch üblich, lagen die Toiletten im Bereich des Hinterhofs – bei den Herren war allerdings meist nur von einer „Pissrinne“ die Rede. In einem benachbarten Schuppen wurden die 30-Liter-Holzfässer mit Kölsch gelagert und von dort in das Lokal gerollt.
Die Entstehung des Kultes und Gründe
Das Lommerzheim war im Grunde ein „gewöhnliches, 'gut laufendes' Gasthaus mit 'bürgerlich-anständigem' Konzept“. Die Getränke- und Speisekarte wies keine besonderen Unterschiede zu anderen Kölner Gaststätten auf – ebenso wenig das Publikum, welches sich aus der üblichen Mischung von Deutzern und Kölner Stammgästen, Touristen und Messegästen sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der benachbarten Verwaltungen (Lufthansa, LVR, Finanzamt, Ford-Zentrale etc.) zusammensetzte.
„Tischreservierungen gab es nicht. Annemie Lommerzheim zapfte, während ihr Mann servierte. … Der Wirt nahm beim Bier keine Bestellungen an, sondern brachte es dorthin, wo es benötigt wurde.“ (de.wikipedia.org).
„Das Angebot an Getränken war für Kölschkneipen typisch und damit eher knapp: Neben Päffgen-Kölsch gab es noch Cola, Limonade, Mineralwasser und diverse Spirituosen – aber ausdrücklich keinen Kaffee oder Tee. Dass der Wirt keine Kölsch-Bestellungen annahm, sondern das Bier regelmäßig dorthin brachte, wo es benötigt wurde, wird in Sachen Lommerzheim gerne als Besonderheit berichtet, ist aber für Kölner Gaststätten nicht gerade unüblich.
Die Speisekarte – eine solche gab es in Papierform allerdings nicht – war ebenso einfach wie überschaubar: Halver Hahn (Roggenbrötchen mit altem Holländerkäse), Flönz (geräucherte Blutwurst mit Zwiebeln, auch als Kölscher Kaviar bekannt), Bratwurst, Knoblauchwurst, ferner an Donnerstagen Hämmchen (kölsches Eisbein) und in der Anfangszeit noch Muscheln rheinischer Art sowie an Aschermittwoch Fisch.
Besonders bekannt und berühmt aber waren die von Gästen gerne scherzhaft als 'Kotelett komplett' bezeichneten, unglaublich dicken Lenden- oder Lummerkoteletts, welche in riesigen Pfannen 'jaaanz langsam' außen knusprig und innen saftig gebraten wurden. Der Preis für ein solches Kotelett mit Zwiebeln und Pommes frites betrug im April 1997 ganze 11 DM.“ (Knöchel 2016, S. 19-20)
Die spezifische Besonderheit, die zudem auch erst ab den 1980er-Jahren eine zunehmende Wahrnehmung als Kult-Kneipe förderte, ist zum einen in der quasi-Unveränderlichkeit des Lokals begründet, das für seine Gäste als eine Art „Insel im Zeitenwandel“ (Mahlke u.a. 2003) fungierte, die die Unterschiede zwischen den 1950er Jahren und der Jetztzeit aufzeigte, lag zum anderen aber zweifelsohne auch an der Person des Wirtes Hans Lommerzheim.
Der – wie in ähnlichen Fällen sicher häufig auch nostalgisch-verklärenden – Erinnerung von Zeitzeugen nach betrieb der als gleichermaßen wortkarg wie schlagfertig und herzlich beschriebene Lommerzheim „seine Gaststätte nicht als Gelderwerb, sondern als Dienst an seinen Gästen. Seine Arbeit war nicht Beruf, sondern Berufung. Jeder war bei 'Lommi' gleich wichtig, Generaldirektor, Arbeitsloser, Student, Rentner.“ (Zitat aus der Trauerrede, www.lommi-brunnen.de).
Zahlreiche Sprüche und Anekdoten des Kölschen Originals sind überliefert, die erahnen lassen, wie Hans Lommerzheim sich mit seiner „sozialen Begegnungsstätte“ verdient gemacht hat und das „Lommi“ zum Ursprungsort von zahlreichen Freundschaften und länger währenden Verbindungen wurde.
Eine besondere Episode ereignete sich 1999 anlässlich des Weltwirtschaftsgipfels in Köln:
Der damalige US-Präsident William Jefferson „Bill“ Clinton (*1946, Präsident der Vereinigten Staaten 1993-2001) wollte „eine authentische Kölschkneipe besuchen“ und sein Stab fragte deswegen bei Lommerzheim an. Als diesem klar wurde, dass er die Gaststätte wegen des hohen Besuchs aus Sicherheitsgründen für seine Stammgäste schließen müsste, sagte er mit einem deutlichen „Nä, dat geiht nit!“ der Entourage des Präsidenten ab – und Bill Clinton musste in das Brauhaus Malzmühle am Kölner Heumarkt ausweichen (Kölnische Rundschau 2004 u. Bergrath u. Werker 2016, S. 22).
Schließung 2004 und Wiedereröffnung 2008
Zu Silvester 2004 schloss Lommerzheim die Gaststätte aus gesundheitlichen Gründen. Da sich ein weiterer Betrieb des Lokals durch einen Nachfolgepächter nicht abzeichnete, bot das Rheinische Freilichtmuseum (heute LVR-Freilichtmuseum Kommern) an, das gesamte Gebäude über mehr als 50 Kilometer auf sein Museumsgelände bei Mechernich zu überführen (Bergrath u. Werker 2016, S. 86-89), während das Kölner Stadtmuseum Interesse an dem Inventar zeigte, welches ausgebaut und konserviert werden sollte. Lommerzheim schlug diese Angebote jedoch alle aus. Einzig der abgenagte Knochen des letzten je von ihm servierten Koteletts fand seinen Weg ins Stadtmuseum. Ein Stammgast hatte diesen samt Teller, Besteck und Senftöpfchen stibitzt und damit der Nachwelt erhalten (ebd., S. 90-91).
Nur ein halbes Jahr nach der Schließung seiner Kneipe verstarb der Wirt während eines Urlaubs in Südtirol.
Nun erwarb die Kölner Päffgen-Brauerei das Haus von Lommerzheims Witwe und begann mit der Renovierung der historischen Gaststätte. Obgleich ein (zwingend notwendiger) Neu- bzw. Umbau der Küche und der sanitären Einrichtungen erfolgte, ferner eine Erweiterung in Form eines Gewölbekellers und eines Biergartens, gelang es, die ursprüngliche Atmosphäre des „Lommi“ nicht wesentlich zu verändern.
Am 13. März 2008 erfolgte die Wiedereröffnung unter neuem Besitzer und neuem Wirt in Anwesenheit von Annemie Lommerzheim. In alter Tradition wurde dabei das erste Fass Kölsch mit dem Fahrrad vom Brauhaus zur Kneipe transportiert.
Seitdem ist die über Jahrzehnte etablierte Szenerie wieder zu beobachten, dass sich schon deutlich vor den ausgehangenen Zeiten eine ungeduldige Menschenmenge auf der Siegesstraße einfindet, die mehr oder weniger durstig auf die Öffnung des Lokals wartet. Und selbstverständlich enthält die Speisekarte auch heute noch die traditionellen „Lommi“-Speisen wie Knoblauchwurst, „Hämmchen“ (kölsches Eisbein) und vor allem die berühmten und unglaublich dicken Koteletts.
Verein, Denkmal, Straße und Lied – Gedenken an Hans Lommerzheim
Bereits ein halbes Jahr nach dem Tod des Gastwirts gründete sich der Verein „... ein Denkmal für Lommi! e.V.“, die Gründungsversammlung fand am 22. Juli 2005 statt. Der Verein initiierte in der „Kölner Tradition, dass die Bürger selbst, nicht die Stadt (!), ihren verdienten Mitbürgern ein Denkmal setzen“ die Errichtung eines Denkmals für Lommerzheim. Am 10. Mai 2009 wurde im Biergarten der Gaststätte eine Bronzeplastik in Form eines Brunnens mit dem Porträt des Wirts enthüllt, die ihn beim Bierzapfen darstellt – der „Lommi-Brunnen“. Aus einem Fass sprudelt seitdem regelmäßig Wasser (leider kein Kölsch…) in den Kranz Kölschgläser in Lommerzheims Hand.
Am 19. September 2010 wurde der bisher namenlose Fußweg zwischen der Siegesstraße und dem Ottoplatz am Deutzer Bahnhof in einer kleinen Feierstunde „Hans-Lommerzheim-Weg“ benannt. Neben dem Verein hatten sich auch zahlreiche ehemalige Gäste und Deutzer Bürger für die Namensgebung eingesetzt. Lommerzheim habe sich als Köbes und Wirt einen besonderen Namen gemacht und die kölsche Kneipenkultur nachhaltig geprägt. Der Keyboarder der Kölner Band Brings, Kai Engel (*1971), führte anlässlich der Benennung das von ihm komponierte „Lommerzheim-Lied“ auf. Ein weiteres Lied mit Lommi-Bezug erschien 2015 mit „Sulang die Leechter noch brenne“ von der Kölner Band Miljö.
Das Straßenschild trägt in Frakturschrift den Namen und die Lebensdaten des Gastwirts. „Sein“ Weg führt – wenn man denn möchte – unmittelbar zur Gaststätte Lommerzheim.
(Franz-Josef Knöchel, LVR-Redaktion KuLaDig, 2012/2023)
Die Gaststätte Lommerzheim in Deutz war KuLaDig-Objekt des Monats im August 2016.
Quellen
- „Stammgäste haben sogar Vorrang vor Clinton“, Kölnische Rundschau vom 25. Oktober 2004.
- „Eine Stütze für Lommerzheim“, Kölnische Rundschau vom 3. März 2007.
Internet
koelnerleben-magazin.de: „Schon gewusst, … dass Hans Lommerzheim im ‚Lommi‘ keinen Platz für US-Präsident Bill Clinton hatte?“ (Stadtmagazin KölnerLeben 5/2019, S. 58, abgerufen 26.09.2019)
www.koeln-lotse.de: Der Lommi – die „Kölscheste aller Kölsch-Kneipen“ (Uli, der Köln-Lotse vom 03.11.2018, abgerufen 26.09.2019)
koelnding.podigee.io: Lommi - die kölscheste aller Kölsch Kneipen (Uli, der Köln-Lotse, Podcast vom 11.08.2023, abgerufen 14.08.2023)
www.koelner-brauerei-verband.de: Brauerei Päffgen GmbH & Co. KG (abgerufen 16.10.2015)
www.express.de: Trauer um kölsche Kult-Wirtin, Annemie Lommerzheim im Alter von 84 Jahren gestorben (Express Köln vom 25.05.2016, abgerufen 27.05.2016)
de.wikipedia.org: Lommerzheim (abgerufen 06.09.2012)
youtube.com: In der Gaststätte Lommerzheim aufgezeichnetes Musikvideo „Su lang (beim Lommi) die Leechter noch brenne“ von Miljö (abgerufen 01.08.2016)
www.koeln.de: „Nach Kult-Wirt ‚Lommi‘ wird ein Weg benannt“ (17.10.2010, abgerufen 06.09.2012, Inhalt nicht mehr verfügbar 13.03.2023)
www.koelner-brauerei-verband.de: Pressespiegel (abgerufen 06.09.2012, Inhalt nicht mehr verfügbar 16.10.2015)
www.lommi-brunnen.de: Verein „... ein Denkmal für Lommi! e.V.“ (abgerufen 06.09.2012, Inhalt nicht mehr verfügbar 27.07.2016)
www.giselmut.de: „der lommerzheim-kult“ (abgerufen 06.09.2012, Inhalt nicht mehr verfügbar 10.03.2022)